© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Aufgeschnappt
Barrierefreie Politik
Matthias Bäkermann

Die SPD meint es ernst mit der Barrierefreiheit. Diese müsse Behinderten nicht nur in Verkehrsmitteln oder der Arbeitswelt einen Zugang ermöglichen, sondern „auch in Kultur, Information und Kommunikation einziehen“. Damit die UN-Behindertenkonvention in Deutschland endlich umgesetzt wird, nach der Behinderte einen Rechtsanspruch auf vollen Zugang zur Kultur haben müssen, soll künftig auch die Sprache „barrierefrei“ werden. Als erste Bundestagsfraktion haben die Genossen daher ihren Antrag „Kultur für alle“ in „Leichte Sprache“ übersetzen lassen, der das Parlament dazu zwingen soll, wichtige Entscheidungen und Debatten in diese Form des Deutschen zu übersetzen, die mit kurzen Sätzen und Wörtern auch „Menschen mit Lernschwäche“ oder Demenzkranken den Inhalt verständlich machen soll.

Leider wurde der so positiv klingende Ansatz von der Union und der FDP vergangene Woche im Kulturausschuß ausgebremst. Wie schmal der Grat zwischen verständlicher Sprache und politischer Verblödung nämlich ist, beweist ein Blick in das SPD-Bundestagswahlprogramm in „Leichter Sprache“ von 2009. Gleichberechtigung und Wirtschaftspolitik werden dort ebenso naiv wie hausbacken definiert: „Frauen wissen viele Sachen. Genau wie Männer.“ Und: „Wir wollen klare Regeln für die Wirtschaft. Die Chefs sollen nicht mehr soviel Geld bekommen.“

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