© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

Der schlimmste Alptraum der Labour Party
Australien: Im Bundesstaat Queensland will Bob Katter’s Australian Party konservativen Weißen eine Stimme geben / Provokationen gegen Political Correctness
Derek Turner

Queensland hat im Laufe seiner 150jährigen Geschichte als australischer Bundesstaat schon so manche schillernde politische Figur hervorgebracht – von dem autokratischen Sir Johannes („Joh“) Bjelke-Petersen, der von 1968 bis zu seinem erzwungenen Rücktritt 1987 die Geschicke des „Sunshine State“ im Nordosten des Landes als Ministerpräsident lenkte, bis hin zu der charismatischen Pauline Hanson, deren „One Nation“-Bewegung Ende der 1990er Jahre mit einem einwanderungskritischen Parteiprogramm viel Wählerunterstützung erhielt. Den Bogen zwischen diesen konservativen Erfolgen spannt die Katter-Dynastie – zwei Bobs und ein Rob.

Der erste Bob Katter (1918–1990) kam in der Hafenstadt Brisbane als Sproß einer Familie irischer und maronitisch-libanesischer Herkunft zur Welt. Sein Vater gehörte zu den Mitgründern der australischen Fluglinie Qantas. Der Sohn begann seine politische Laufbahn bei der Labour Party, später vertrat er als Abgeordneter und Minister der Country Party die Interessen der Landbevölkerung gegen die zunehmende Verstädterung und Industrialisierung des Bundesstaats. Damit begründete er eine familiäre Tradition, die einen so eingefleischten wie kämpferischen Wertekonservatismus mit bäuerlichem Populismus und Protektionismus verbindet.

Bob Katter junior (Jahrgang 1945) war von 1974 bis 2001 Abgeordneter und Minister der National Party, von 2001 bis 2011 saß er als unabhängiger Abgeordneter im Parlament. Im vergangenen Jahr gründete er eine eigene Partei, die Katter’s Australian Party (KAP), die er als einziger Abgeordneter im Repräsentantenhaus in Canberra vertritt. Im März errang die Partei zwei der 89 Sitze im Parlament von Queensland, von denen einer an Bob Katters Sohn Rob (Jahrgang 1977) ging.

Dank seines Status als legendäre Kultfigur holt Bob Katter junior bei Wahlen regelmäßig bis zu 74 Prozent der Stimmen. Als Student bewarf er 1964 die Beatles während ihrer Australientournee mit Eiern, um mit einer „intellektuellen Reaktion gegen die Beatlemania“ zu protestieren. Er stilisiert sich gerne zum archetypischen australischen Rebellen, trägt mit Vorliebe Cowboyhüte und hat den achtzackigen Stern der sogenannten „Eureka“-Flagge zu seinem Parteilogo auserkoren. Damit stellt er einen expliziten Bezug zu den Anti-Steuer-Protesten von 1854 her, bei denen 22 Goldgräber von Regierungstruppen erschossen wurden.

Weil er bei brisanten Themen wie Klimawandel, Schwulenrechte und Einwanderung kein Blatt vor den Mund nimmt, hat sich Katter vor allem unter den australischen Linken alles andere als beliebt gemacht.

Als ausgesprochener Gegner des Freihandels setzt er sich primär für die Rechte und Interessen des Agrarsektors ein: weniger Bürokratie, Stärkung der Eigentumsrechte, Ende der Privatisierung des öffentlichen Sektors, Sonderzölle für Importgüter, die in Australien produziert werden könnten, Bevorzugung einheimischer Zulieferer bei sämtlichen staatlichen Anschaffungen, Abschaffung der geplanten CO2-Steuer, Subventionen für Äthanol aus australischer Produktion, eine Geburtenprämie von umgerechnet 5.500 Euro für gebürtige Australier.

Auch Umweltauflagen, die etwa den Flughund unter Naturschutz stellen – eine Riesenfledermaus, die sich zum Ärger der Plantagenbesitzer von reifen Früchten ernährt –, will er abgeschafft wissen. Auch zum Thema Einwanderung äußert Katter sich unverblümt: „Ich liebe Australien, aber wir sind eine im Aussterben begriffene Rasse, und wir laufen Gefahr, daß unsere Identität unter den Wellen von Ausländern verschüttet wird.“ Katter selber sagt von sich: „Ich bin der schlimmste Alptraum der Labour Party. Ich bin ein gottesfürchtiger konservativer weißer Australier, der seine Steuern zahlt.“

Als solcher ist es ihm eine Selbstverständlichkeit, sich gegen eine Verschärfung der Waffengesetze, gegen die „männerfeindliche Voreingenommenheit im Familienrecht“ und gegen jede Art von Political Correctness einzusetzen. Die im September anstehende Veröffentlichung seines Buches „An Incredible Race of People. A Passionate History of Australia“ wird von Anhängern wie Kritikern gleichermaßen mit Spannung erwartet.

Der wachsende Unmut über die seit Jahrzehnten anhaltende Dominanz der übermächtigen Parteiapparate von Labour und Liberal National Coalition, die parteiinternen Querelen und die zunehmende Sorge um die Wahrung der westlich geprägten australischen Identität angesichts der Masseneinwanderung aus Asien schaffen günstige Bedingungen für eine Stärkung rechtspopulistischer Bewegungen.

Dabei bleibt abzuwarten, ob Katter’s Australian Party, die so untrennbar mit Bob Katters charismatischer Persönlichkeit verbunden scheint, langfristig etwa unter der Führung seines Sohnes gedeihen kann – geschweige denn sich aus dem politischen Hinterland auf die australische Landespolitik auswirken kann.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen