© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

Die Deutsche Bank schlägt den „Geuro“ für Griechenland vor
Doktern an Symptomen
Philipp Bagus

Die Hauptlasten Griechenlands sind aufgeblähter Staatssektor und inflexible Arbeitsmärkte. Staatliche Verschwendung zehrt die private Initiative aus. Privilegierte Gewerkschaften und Mindestlöhne hieven viele Arbeitsentgelte auf ein nicht wettbewerbsfähiges Niveau, wobei großzügige Staatsausgaben die negativen Konsequenzen abfedern. Griechische Waren und Dienstleistungen sind daher zu teuer – das führt zu einem Importüberschuß. Dieser wird wie die Staatsausgaben größtenteils durch Geldschöpfung finanziert, die das Euro-System ermöglicht.

Wie können diese Probleme behoben werden? Der Chefsvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, plädiert für eine Parallelwährung. Die griechische Regierung soll ihre Rechnungen mit Schuldscheinen begleichen. Diese sollen dann als Zweitwährung Verbreitung finden, mit denen beispielsweise Löhne bezahlt werden. Da diese „Geuros“ gegenüber dem Euro abwerteten, würden so die Arbeitskosten gesenkt, die Wettbewerbsfähigkeit steigt, der Export könnte zulegen.

Was auf den ersten Blick plausibel klingt, bringt einige Probleme mit sich. Zunächst ist es fraglich, ob die Geuros ohne Gesetzeszwang in der Privatwirtschaft akzeptiert würden. Die Regierung müßte die Arbeiter wohl zwingen, Geuros statt Euros anzunehmen. Generell ist eine Abwertung kein Allheilmittel. Zudem senkt die Geuro-Abwertung alle Löhne im gleichen Maße. Jedoch sind nicht alle griechischen Löhne im gleichen Umfange (oder gar nicht) zu hoch, so daß dann später weitere Anpassungen von relativen Preisen notwendig wären.

Daher wäre es viel besser, die Arbeitsmärkte konsequent zu flexibilisieren, so daß sich die Löhne individuell der Produktivität anpassen. Zudem wird mit den Geuros das eigentliche Problem gar nicht angegangen, sondern an Symptomen herumgedoktert. Bleiben die Gewerkschaften privilegiert, können sie nach der Abwertung die Löhne wieder auf zu hohe Niveaus führen – mit Unterstützung der sich durch Geuro-Produktion finanzierenden Regierung. In der Tat läuft das Deutsche Bank-Modell auf eine Legitimierung bzw. Aufforderung zu Inflation – dem massiven Drucken von Schuldscheinen – hinaus, welche das griechische Volk zugunsten seiner Politklasse verarmt.

Am schwersten wiegt, daß mittels der Geuro-Inflation der Druck genommen wird, endlich notwendige Reformen durchzuführen. Die Staatsausgaben werden durch die Geuro-Emission wahrscheinlich sogar noch steigen, und von einer durchgreifenden Reform des Arbeitsmarkts wird man dank Abwertung wohl absehen. Anstatt der griechischen Regierung die verarmende Inflationsspritze nahezulegen, sollten ihr lieber die zwischenstaatlichen Hilfen gekappt und die Fähigkeit zur Geldproduktion (ELA-Programm, JF 22/12) genommen werden. Dann kann es zur Bereinigung der wirklichen Probleme kommen.

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