© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

„Publico“ pleite
Die linke spanische Tageszeitung war nur lebensfähig, solange es eine sozialistische Regierung und lukrative Staatsaufträge gab
Michael Ludwig

Spanien ist anders – mit diesem Slogan wirbt das Spanische Fremdenverkehrsamt um Touristen aus aller Welt. Spanien ist tatsächlich anders als die anderen, und das schließt die Presse des Landes mit ein. Ein Schauspiel der besonderen Art wird gegenwärtig um die frühere Tageszeitung Publico aufgeführt.

Sie wurde im Herbst 2007 von Jaume Roures Llop gegründet, dessen Lebensweg über die „trotzkistische, kommunistische, revolutionäre Liga“ in den Dunstkreis des damaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero führte. Der Medienmogul produzierte nicht nur internationale Filme wie „Vicky Cristina Barcelona“ und „Midnight in Paris“, bei denen Woody Allen die Regie führte, sondern kungelte auch mit den damaligen Machthabern.

Das Ergebnis des Deals war wohl, daß Roures Publico mit einem gehörigen Linksdrall versah, um der linksliberalen Tageszeitung El Pais, die Zapateros Politik immer wieder kritisierte, in die Schranken zu weisen. Im Gegenzug erhielt der rührige Katalane für seine TV-Produktionsgesellschaft lukrative Aufträge des staatlichen Fernsehens.

Als Zapatero 2011 abgewählt wurde, versiegte auch die Unterstützung für das lebendige Blatt. 83.000 verkaufte Exemplare waren zu wenig, um das finanzielle Überleben der 160 Festangestellten zu sichern. Die Suche nach einem Investor, der sich auf das defizitäre Unternehmen einließ, blieb ohne Erfolg. Ende Februar 2012 kam das Aus. Nur die Online-Ausgabe www.publico.es wird fortgeführt.

Bis vor kurzem hoffte die Belegschaft, den Titel aus der Konkursmasse herauslösen zu können, um Publico erneut auf den Markt zu bringen. Mit viel Engagement produzierte sie eine Nullnummer mit 16.000 Exemplaren. Die Mitarbeiter hatten allerdings die Rechnung ohne Roures gemacht – er hat über eine neue Firma die pleite gegangene Zeitung und damit ihren Titel zurückgekauft.

Die spanische Presse befindet sich in einer dramatischen Krise, da die Werbeeinnahmen in den letzten vier Jahren um nahezu fünfzig Prozent eingebrochen sind.

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