© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

Frisch gepresst

20. Juli 1944. Der emeritierte Bochumer Sozialethiker Günter Brakelmann hat sich in den letzten Jahren verstärkt dem Widerstand gegen das NS-Regime gewidmet. Hier ist er mit Arbeiten zum Kreisauer Kreis und vor allem mit einer Biographie zu Helmuth James von Moltke (JF 13/07) hervorgetreten. Einmal tief in die Materie eingetaucht, bot sich ein Lebensbild über den Moltke-Vertrauten Peter Yorck von Wartenburg an, der zu den ersten Verurteilten gehörte, die das Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 mit ihrem Leben bezahlten. Da die Quellenlage schlecht ist, unterbaut Brakelmann sein Werk mit einer breiten Einführung zum Familienhintergrund des schlesischen Adligen, aus der neben dem Feldmarschall der Befreiungskriege vor allem der große Gelehrte Paul Yorck von Wartenburg (1835–1897) herausragt, für dessen Porträt Brakelmann in dem etwas spärlichen Anmerkungsapparat vollständig auf die Münsteraner Habilitationsschrift von Karlfried Gründer zurückgreift. Die wegen der Vernichtung vieler Lebenszeugnisse notgedrungen schattenhaft bleibende Biographie Peter Yorcks muß Fragen offenlassen, bietet auch wenig neue Aufschlüsse zur Geschichte der NS-Opposition, vergegenwärtigt aber ein Stück dramatischer Zeitgeschichte am tragischen Einzelschicksal. (ob)

Günter Brakelmann: Peter Yorck von Wartenburg 1904–1944. Eine Biographie, Verlag C.H. Beck, München 2012, gebunden, 336 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

 

Westwärts. Mit über 400.000 stellen die Polen zwar nicht die drittgrößte Ausländergruppe in Deutschland dar, wie im Vorwort behauptet, dennoch sind die Einwanderer aus dem Osten, die mehrheitlich erst nach 1990 an Rhein und Spree kamen, zur beachtlichen Minderheit angewachsen. In dem vom Danziger Politologen Basil Kerski und dem Breslauer Historiker Krzyztof Ruchniewicz herausgegebenen Sammelband wird diese bereits mit der Industrialisierung einsetzende Migration aus der rückständigen Agrarnation in den entwickelteren Westen facettenreich in den Blick genommen. Ein Auszug aus dem Gelsenkirchener Telefonbuch hätte dieses Phänomen wahrscheinlich besser abgebildet als ein Umschlagfoto mit Lukas Podolski, der zwar „Bekenntnispole“ ist, mit seinen Eltern aber 1987 über das deutsche Volkstumsticket oberschlesischer Spätaussiedler in die Bundesrepublik kam. (bä)

Basil Kerski, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg): Polnische Einwanderung. Zur Geschichte und Gegenwart der Polen in Deutschland. Fibre Verlag, Osnabrück 2012, broschiert, 316 Seiten, 24 Euro

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