© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Fünf Staatsschulden-Euro für private Pflegezusatzversicherung
Bahrs Riestervertrag
Jens Jessen

Für die Betroffenen ist es bitter: Reichen die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht aus, müssen die Pflegebedürftigen ihre Renten und Ersparnisse für die Unterbringung und Verpflegung hergeben. Sind auch diese Mittel aufgebraucht, springt die Sozialhilfe ein. Die demographische Entwicklung verschärft die Situation. Das Allheilmittel „Kapitaldeckung“ soll daher schrittweise zur Gesundung der Sozialsysteme in Deutschland führen.

Die nach dem SPD-Minister Walter Riester benannten Renten als erste diesbezügliche Maßnahme sind allerdings nicht unumstritten, da die Kosten oft zu hoch sind und den Angeboten die notwendige Transparenz fehlt. Die mit Staatsschulden finanzierten Zulagen kommen den Versicherungsunternehmen zugute. Nach den Riester-Kapitalrenten will Schwarz-Gelb jetzt die Bahr-Pflegeversicherung etablieren. Die Gelder der Risikoversicherung werden nur ausgezahlt, wenn Pflegebedürftigkeit vorliegt. Fünf Euro pro Monat und Versicherten soll es laut FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr für jeden geben, der sein Pflegerisiko zusätzlich aus eigener Tasche über eine Tagegeldpolice absichert. Die 60 Euro pro Jahr verursachen erhebliche Verwaltungskosten. Die insgesamt 100 Millionen Euro sollen zur Privatvorsorge verleiten. Dabei wird der Zuschuß von seinen eigenen Nebenwirkungen aufgefressen: Auch Personen mit hohem Pflegerisiko müssen versichert werden – das führt zu einem entsprechenden Prämienaufschlag.

Die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt bis zu 1.550 Euro für einen Pflegefall. Für einen vernünftigen Pflege-Heimplatz muß mit 3.000 Euro pro Monat gerechnet werden. Die finanzielle Lücke kann aber erst dann geschlossen werden, wenn der Versicherte mindestens fünf Jahre eingezahlt hat. Der Eindruck drängt sich auf, daß so vor allem die öffentlichen Kassen entlastet werden sollen. Doch die Konstruktion der Förderung hilft weder der Pflege noch den Pflegebedürftigen.

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