© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/12 22. Juni 2012

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Henkel und Aiwanger warnen vor ESM
Christian Dorn

Der Andrang vor Raum 107 im Haus der Bundespressekonferenz zum Thema „ESM stoppen – Währung und Demokratie retten!“ ist zu groß, um alle Medienvertreter aufnehmen zu können. Genau andersherum verhält es sich mit dem Euro-Raum: Von den verbliebenen zehn Nicht-Euro-Ländern der EU will – mit Ausnahme Rumäniens – derzeit niemand mehr dem Raum der „Friedenswährung“ beitreten.

So sind 91 Prozent der Schweden gegen den Euro, wie Euro-Kritiker Hans-Olaf Henkel den versammelten Journalisten in die Blöcke diktiert. Er hat mit dem Bund der Steuerzahler, dem Bündnis Bürgerwille, der Zivilen Koalition e.V. und den Freien Wählern zu dieser Pressekonferenz geladen. Es ist der Versuch, Öffentlichkeit und Politik von der Verfassungswidrigkeit des ESM zu überzeugen und die Verabschiedung zu verhindern.

Merkels berüchtigtes Diktum habe sich, so Henkel, ins Gegenteil verkehrt, denn „Europa wird am Euro scheitern“. Volkswirtschaftler Ulrich van Suntum, ehemals Generalsekretär des Rates der Wirtschaftsweisen und Sprecher für das Bündnis Bürgerwille, mahnte eindrücklich, daß der ESM ein Euphemismus sei, tatsächlich stünde die Abkürzung für „Europäischer Schulden-Mechanismus“. Deutschland werde mit seiner Unterschrift „faktisch unbegrenzt zahlungspflichtig“. Sollte Deutschland sich einer ESM-Entscheidung verweigern, verliere es das Stimmrecht, so daß am Ende die Schuldner über die Gläubiger bestimmen.

Als warnendes Beispiel verwies van Suntum daher auf die legendäre Geschichte von John Law, der in Frankreich ein ungedecktes Papiergeld eingeführt hatte. Nach der Inflation war dieser glücklich mit dem Leben davongekommen. An seiner Stelle wurde jemand, der fälschlicherweise für Law gehalten wurde, von den wütenden Bürgern gelyncht.

Rolf Baron von Hohenhau, Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern, sieht im ESM ein „finanzpolitisches Ungeheuer“, das nationales Recht breche. Von Hohenhau verwies zudem auf die in der Schulden-Debatte bislang unterschlagenen Target-II–Salden, im Falle Griechenlands 120 Milliarden, bei Italien 180 Milliarden Euro.

Die Rückforderung dieser Beträge, die ja deutsches Vermögen seien, würde auf ein „echtes Unfriedensprojekt“ hinauslaufen, so die Befürchtung. Stephan Werhahn, Finanzexperte und Enkel Adenauers, vertritt die Interessen der Stiftung Familienunternehmen, die sich ebenfalls gegen den ESM wendet. Er habe sich 40 Jahre im Lager der CDU sehr wohl gefühlt, bis er schließlich den Ausweg bei den Freien Wählern gefunden habe.

Deren Parteivorsitzender, der Bayer Hubert Aiwanger, verkündet, man werde an Bundespräsident Gauck appellieren, den ESM nicht zu unterschreiben. Denn dieser tauge nur, um „Deutschland noch weiter auszupressen“.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen