© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/12 22. Juni 2012

Erzwungener Zapfenstreich
Studentenverbindungen: Dem traditionellen Marburger Marktfrühschoppen droht unter dem Druck von Linksextremisten das Aus
Nils Wegner

Ein ganz normaler, studentischer Frühschoppen war es, aus dem sich in Marburg noch zu Kaisers Zeiten das „kürzeste Volksfest Deutschlands“ entwickelte. Seither findet der „Marburger Marktfrühschoppen“ als gegenseitiges Dankeschön zwischen Stadt und Studentenschaft jedes Jahr traditionell am ersten Sonntag im Juli statt. Der Marburger Oberstadt beschert er stets einen großen Zulauf, vornehmlich von Verbindungsstudenten aus der Stadt und dem hessischen Umland, aber auch dem Rest der Republik. Für viele Korporierte ist die Veranstaltung eine ideale Möglichkeit, verbandsübergreifend alte Freunde wiederzusehen und neue kennenzulernen.

Doch mit der Beschaulichkeit ist es schon lange vorbei. Wie mittlerweile für Veranstaltungen mit verbindungsstudentischer Beteiligung üblich, so verlief auch der Marktfrühschoppen in den zurückliegenden Jahren selten ohne teilweise auch gewalttätige Proteste mit Steinwürfen und „Mützenprämien“ – doch versandeten diese zuletzt zusehends, und lediglich die Punker der Marburger „Anarchistischen Pogo-Partei“ gesellten sich mit selbstgebastelten Bändern friedlich zu den feiernden Studenten und Marburger Bürgern. Ein skurriles, doch liebenswürdiges Idyll.

Aber all dem soll es nun an den sprichwörtlichen Kragen gehen. Zumindest ist das der Wille Marburger „Antifaschisten“, die für dieses Jahr wieder verstärkte Proteste angekündigt haben. Vorausgegangen war zu Jahresbeginn eine Aufforderung der lokalen Grünen an den Magistrat der Stadt, Angehörige von Bünden der Deutschen Burschenschaft (DB) vom Frühschoppen auszuladen, da die DB klar als rechtsextrem einzustufen sei. Dem wurde von Seiten der Veranstalter (Marktfrühschoppenverein und Marburger Stadtteilgemeinden) entgegengehalten, daß man von einem allgemein zugänglichen, öffentlichen Volksfest wohl kaum einzelne Personen ausladen könne.

Gegenüber den schnell folgenden Drohungen linksextremer Gruppen, man werde „es nicht zulassen, daß sich Nazis auf dem Marktplatz treffen und in aller Ruhe feiern“, knickte der Magistrat dann jedoch alsbald ein. Die Antifa hatte unter anderem beklagt, im Kielwasser der „rechtsextremen“ Marburger DB-Korporationen würde beispielsweise der Burschenschafter und sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel am Marburger Marktfrühschoppen teilnehmen. Am 14. Mai sprach der Magistrat den Veranstaltern die Empfehlung aus, den Frühschoppen abzusagen – der Marburger Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) begründete diesen Beschluß mit Sicherheitsbedenken sowie einer „klar antidemokratischen Haltung“ gewisser örtlicher Studentenverbindungen. Der Marktfrühschoppenverein kündigte daraufhin an, der Empfehlung des Magistrats folgen zu wollen, da von Seiten der Korporationen „Bürgersinn mißbraucht“ worden sei und man „eine deutliche Distanzierung des Vereins von Burschenschaften aus dem rechtsextremen Spektrum“ anstrebe. Gleichzeitig stellte der Vereinssprecher Detlev Scharlau die Gesamtkonzeption des Marburger Marktfrühschoppens in Frage – auch für die kommenden Jahre sieht es also düster aus.

Doch in der vergangenen Woche sprachen sich die Mitglieder des Marktfrühschoppenvereins in einer nichtöffentlichen Sitzung überraschend mehrheitlich dafür aus, das Volksfest in diesem Jahr doch auszurichten. Eine Entscheidung, die offenbar innerhalb des Vereins zu heftigen Auseinandersetzungen geführt hat. Da zuvor die Arbeitsgemeinschaft der Marburger Stadtteilgemeinden mitgeteilt hatte, sie werde den Marktfrühschoppen nicht unterstützen, steht eine endgültige Entscheidung zum diesjährigen Marburger Marktfrühschoppen noch immer aus.

Bereits Anfang vergangener Woche sollte, ausgerichtet von den Jungen Liberalen, eine offene Diskussion der verschiedenen parteinahen Jugend- und Studentenorganisationen zur Sache stattfinden, die jedoch aufgrund „terminlicher Verhinderungen“ der Grünen Jugend wieder abgesagt wurde. So ist zur Zeit, da sich auch das Marburger Stadtparlament mit der scheinbaren Problematik des Marktfrühschoppens befaßt, der Ausgang noch offen. Es steht jedoch zu befürchten, daß aufgrund der Agitation antifaschistischer „Aufklärer“ und kaum verhohlener Gewaltandrohungen des linksextremen Fußvolks auch diese über hundertjährige Traditionsveranstaltung schlußendlich zu einer geschichtlichen Fußnote verkommen wird.

Foto: Marktfrühschoppen in Marburg (2005): Stolz auf das „kürzeste Volksfest Deutschlands“

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