© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/12 22. Juni 2012

Schadenersatzklage der Energieriesen wegen Atomausstieg
Steuerzahler müssen zittern
Jörg Fischer

Vor Gericht und auf hoher See sind wir allein in Gottes Hand. Diese römische Juristenweisheit sollten jene Politiker aus schwarz-gelben Regierungskreisen und von den rot-grünen Oppositionsbänken nicht ignorieren, die den Milliarden-Klagen der Energiekonzerne gegen den schnellen Atomausstieg keinerlei Erfolgsaussichten geben.

Infolge der in den achtziger Jahren gestarteten staatlichen Privatisierungspolitik sind die klagenden Ener­giekonzerne RWE und Eon nicht mehr wie ihre Vorgänger VEW oder VIAG dem Allgemeinwohl, sondern ihren breitgestreuten Aktionären verpflichtet. Die Vorstände müssen daher im Interesse der Anteilseigner handeln und auch wirtschaftliche Nachteile von ihnen abwenden. Tun sie das nicht, machen sie sich womöglich selbst schadenersatzpflichtig.

Ihr Argument vor dem Bundesverfassungsgericht lautet: Der nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Frühjahr 2011 von der Bundesregierung gefaßte Beschluß zur vorzeitigen Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke verletze Grundrechte der Eigentümer. Die Karlsruher Richter wollen vor ihrer Urteilsfindung nun über 60 Institutionen zu Stellungnahmen auffordern.

Der schwedische Staatskonzern Vattenfall, der das Gros der nord- und mitteldeutschen Energiewirtschaft von der öffentlichen Hand übernehmen durfte, hat sogar bereits beim Investitionsschiedsgericht (ICSID) der Weltbank eine Atomausstiegsklage gegen Deutschland eingereicht. Ob die Energiekonzerne in Karlsruhe bzw. in Washington Erfolg haben, wird sich wohl erst im kommenden Jahr zeigen. Im schlimmsten Fall könnten letztlich Schadenersatzforderungen von bis 15 Milliarden Euro fällig werden, für die der Steuerzahler einstehen müßte. Der Bürger würde dann zum dritten Mal für die Atomkraft zur Kasse gebeten – zusätzlich zu den vielfältigen staatlichen Subventionen im dreistelligen Milliardenbereich zum Aufbau der Atomindustrie und der Endlagerung ihres Abfalls.

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