© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/12 29. Juni 2012

Blick in die Medien
Eine Armbanduhr als Dankeschön
Toni Roidl

In Südkorea durchforsten jugendliche Internetnutzer in ihrer Freizeit das Netz nach nordkorea-freundlichen Blogs und Kommentaren. Werden sie fündig, geben sie Link und Bildschirmfoto an den Geheimdienst weiter, denn die Glorifizierung Nordkoreas stellt in Südkorea eine Straftat dar. Der Geheimdienst belohnt die Denunzianten mit einer Uhr eines bestimmten Modells, die unter Jugendlichen zum begehrten Accessoire avancierte.

Die taz hat das Thema in einem Beitrag aufgegriffen und sich über die undemokratischen „Cyber-Wächter“ empört. Die jungen Leute seien „fehlgeleitet“, schreibt die taz und zitiert einen Anwalt für Demokratie. Der sagt: „Ich würde ihnen gerne sagen, daß sie auch andere Meinungen hören müssen.“

Richtig. Doch ähnelt das, was die taz in diesem Fall mit Recht verurteilt, nicht stark den Praktiken, die hierzulande als „Kampf gegen Rechts“ engagierter „Aktivisten“ beklatscht werden? Auch in Deutschland googeln ideologisierte Cyber-Wächter nach „rechten Umtrieben“ und schwärzen Verdächtige bei Medien und linksextremen Netzwerken an. Da wird fleißig nach Facebook-Freunden aus der „rechten Szene“ gefahndet oder Autoren und Abonnenten der JUNGEN FREIHEIT im Netz an den Pranger gestellt.

Wie schnell und mit welchem Jagdeifer das gehen kann, erfuhr kürzlich ein Dortmunder Lehrer aus dem linken Spektrum, der sich bei einer Kundgebung von Pro NRW islamkritisch äußerte. 24 Stunden später hatten Linksextremisten seine Personalien, Vita und zahlreiche Fotos im Internet veröffentlicht und der Schulleitung zugespielt, die den Mann darauf tatsächlich suspendierte. Oder der CDU-Chef von Neubrandenburg, der wegen seiner Facebook-Freunde von der SPD-Landtagspräsidentin denunziert wird. Hm, vielleicht tragen die linken Internet-Blockwarte in Deutschland ja auch alle dieselbe Armbanduhr.

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