© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/12 29. Juni 2012

Aufgeschnappt
Minderheit ohne Extrawürste
Matthias Bäkermann

So nun nicht mit den Sozialdemokraten. Besonders Erol Özkaraca, seit 2011 im Berliner Abgeordnetenhaus für die SPD-Fraktion Beauftragter für den Strafvollzug, wirft sich für die Rechte der Straftäter im Jugendknast Lichtenrade in die Brüstung: „Ich finde das nicht in Ordnung. Die Rechte der Jugendlichen werden eingeschränkt. Ich würde mich auch diskriminiert fühlen“, schimpft der Neuköllner Rechtsanwalt mit türkischen Wurzeln vergangene Woche im Berliner Kurier. Grund für seine Klage ist der Umstand, daß in der Jugendarrestanstalt (JAA) im Süden Berlins, die seit dem 1. April 2012 besteht, kein Schweinefleisch auf dem Speiseplan steht. Bei einer Stippvisite beschwerten sich einige der dort zur raschen Arrestvollstreckung inhaftierten Jugendlichen, daß weder Leberwurst noch Schinken zu bekommen sei.

Ob das Motiv für den gläubigen Moslem Özkaraca tatsächlich nur die Wahrung fremder Minderheitenrechte ist, bleibt dahingestellt. Denn immerhin offenbart der Schweinefleisch-Erlaß auch pikante Wahrheiten. So begründet Lisa Jani, die Sprecherin der Justizverwaltung, diese Maßnahme ganz offenherzig: „Siebzig Prozent der dortigen Arrestanten haben einen Migrationshintergrund. Sie dürfen aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen.“ Zudem würden sich Extrawürste wegen der hohen Fluktuation der einsitzenden Problemgruppe nicht lohnen.

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