© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

„Warum werben, wenn keiner etwas kauft?“
Griechenland: Der rasante wirtschaftliche Niedergang macht auch vor den Medien nicht halt / Eine Bestandsaufnahme
Michael Ludwig

Auch heute herrscht in Attika und auf der Insel Euböa wegen der hohen Temperaturen und der starken Winde hohe Brandgefahr.“ Man kann diese Meldung auch als Subtext lesen – die Krise um den Euro wird immer heißer, und Griechenland droht angesichts des Sturms, der über das Land hinwegfegt, vollends ein Raub der Flammen zu werden. Bleibt von Hellas nur noch eine handvoll Asche übrig?

Zu lesen stand das Zitat in der Griechenland Zeitung, dem einzigen deutschsprachigen Periodikum, das in dem Euro-Sorgenland erscheint. Es kommt mittwochs in einer Auflage von immerhin 10.000 Exemplaren an die Kioske. Wer auf die Internetseite der Wochenzeitung klickt, ist erstaunt darüber, wie unaufgeregt die Redaktion über die Lage berichtet. Der Griechenland Zeitung, so scheint es, geht es gut, wirtschaftliche Sorgen sind nicht auszumachen.

Bei den normalen griechischen Kollegen herrschen andere Zustände, dort brennt es an allen Ecken und Enden lichterloh. Wer die Werbeeinnahmen betrachtet, kann das ganze Desaster ermessen – innerhalb der letzten drei Jahre sind sie um fünfzig Prozent eingebrochen. Der Tenor, der den Anzeigenwerbern entgegenschlägt, lautet immer gleich: „Warum werben, wenn keiner etwas kauft?“

Die Folge ist eine Pleitewelle. Eines der ersten Krisenopfer war im November 2010 die traditionsreiche Zeitung Apogevmatini. Es folgte das Flaggschiff der konservativen Presse – Eleftheros Typos. Dann erwischte es die linksgerichtete Tageszeitung Elefterotypia. Im August kam das Aus für den TV-Sender Alter.

Im Mai dieses Jahres geriet die überregional bekannte Mediengruppe DOL ins Gerede, die ihre im Handel befindlichen Aktien zurückkaufen will, um das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Auch eine Maßnahme, die nicht gerade wirtschaftliche Expansion signalisiert. Kein Wunder: Bei einem Schuldenstand von 209 Millionen Euro, denen ein Umsatz von lediglich 125 Millionen gegenübersteht, kann sie die staatlichen Auflagen nicht mehr erfüllen.

Wer genauer hinblickt, erkennt, daß die griechische Medienlandschaft genauso verrottet ist, wie nahezu alle anderen Strukturen des Landes auch. In einem Rundfunkinterview erklärte die Wirtschaftsredakteurin der Zeitung Afg, Kaki Bali: „Fast die Hälfte der Inhaber von Zeitungen oder Verlagen arbeitet in der Baubranche. Sie erhalten öffentliche Aufträge. Mit ihren Zeitungen wollen sie Druck auf die Politik ausüben, damit sie noch mehr Aufträge bekommen.“

Sollte Griechenland tatsächlich aus dem Euro ausscheiden, droht der Printpresse weiteres Ungemach. Die wenigen gesunden Blätter könnten dann auf dem internationalen Markt kein Papier mehr kaufen, weil dort niemand dazu bereit sein dürfte, Drachmen in Zahlung zu nehmen.

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