© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

Umwelt
Windräder statt Wald
Michael Manns

Brandenburgs Agrarminister heißt Jörg Vogelsänger. Ein Mann mit elegischem Namen, aber im politischen Tagesgeschäft eher hemdsärmelig. Doch der Reihe nach. Brandenburgs Gutmenschen haben ehrgeizige Ziele. Die erneuerbaren Energien sollen kräftig ausgebaut werden. Dazu gehören Windparks – aber dafür fehlt langsam die Fläche. Und da hatte der SPD-Genosse eine Idee: Her mit der Kettensäge, weg mit dem Störenfried Wald. Dann gibt’s Fläche satt. Für große Träume müssen auch mal Späne fliegen. Hallo! Geht’s noch? Im Interesse des Umweltschutzes sind umweltschädigende Maßnahmen nötig? Waldmensch Vogelsänger hat sich da wohl im dichten Unterholz kruder Gedankengänge verfangen. Was er vorschlägt, ist ein Beispiel politischer Schizophrenie oder im besten Fall die Endstufe abgehalfterter, sozialistischer Dialektik.

Wir erinnern uns: Ökoaktivisten kämpften einst gegen das Waldsterben. Horrorszenarien von einem baumlosen, öden Deutschland wurden uns da gemalt, sogar schon in den Schulen. Dummes Geschwätz von gestern? Doch wer weiter auf Glaubwürdigkeit, Authentizität, Konsequenz, auf saubere Kategorien im Denken und fürs Handeln bei den Herrschenden pocht, ist da wohl aus der Zeit gefallen. Die Vogelsängers in Deutschland haben in ihrem Kopf das ideologische Weitwinkelobjektiv implantiert: Dort verschmelzen Argument und Gegenargument zur Einheits-Harmonie-Sauce. Vermeintlich klimafreundliches Handeln wird mit klimafeindlichem Handeln zusammengezwungen – zur höheren Synthese. Normale Bürger nennen das Schwachsinn. Waldmensch Vogelsänger sollte sich zu einem langen Spaziergang durch die brandenburgischen Wälder aufmachen – solange sie noch da sind. Er soll auf Vögel hören – solange noch ihr Gesang zu hören ist. Er möge eine klare Quelle finden. Sie soll sein Hirn kühlen. Sie wird für klaren Blick sorgen.

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