© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Rettungsschirme
Es steht zuviel auf dem Spiel
Norbert Geis

Die Banken- und Staatsschuldenkrise hat die Europäische Währungsunion (EWU) fest im Griff. Der Zerfall der EWU wäre nicht nur für Europa, sondern für die gesamte Weltwirtschaft katastrophal. Deswegen engagieren sich neben den Euro-Staaten auch viele Länder im Rettungsschirm, die weder Mitglied der EWU noch der EU sind. Alle wollen eine weitere globale Wirtschaftskatastrophe nach der Lehman-Pleite von 2008 verhindern. Deutschland hat dazu als stärkste Volkswirtschaft in der EWU besonders hohe Risiken auf sich genommen.

Wie die überwältigende Mehrheit der Bundestagsabgeordneten bin ich der Meinung, daß es sich lohnt, für die EWU zu kämpfen. Schließlich geht es dabei um weit mehr, als nur um unsere Gemeinschaftswährung. Der Zerfall der EWU könnte die Europäische Union in ihren Grundfesten erschüttern. Deutschland könnte dadurch viele Vorteile verlieren. 40 Prozent unseres Exports geht in die EWU-Staaten und wäre wieder Wechselkursschwankungen ausgesetzt. Der zollfreie Zugang zu 500 Millionen Kunden in der EU, die 60 Prozent unserer Exporte kaufen, wäre gefährdet. Ohne die klaren Wettbewerbsregeln, die Arbeitnehmerrechte und den Arbeitsschutz der EU stünden in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und viele Arbeitsplätze auf dem Spiel. In der Landwirtschaft, beim Umweltschutz, Verbraucherschutz, der Energieversorgung oder dem Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität wäre Deutschland wieder auf sich alleine gestellt. Auf nationaler Ebene lassen sich aber heutzutage für viele Politikfelder keine effektiven Lösungen mehr finden. Dazu sind die Staaten und Volkswirtschaften zu eng miteinander vernetzt. Das zeigt sich vor allem an den internationalen Finanzmärkten, deren wirksame Regulierung nur gemeinsam gelingen kann.

Seit Jahrzehnten schrumpft zudem die Bevölkerung in Europa. Die Schwellenländer Brasilien, Rußland, Indien und China werden immer stärker. Wenn Deutschland nicht zum Spielball dieser Länder werden soll, brauchen wir eine starke europäische Staatengemeinschaft, die auf unserem gemeinsamen christlich-abendländischen Fundament aufbaut. Nur so können wir unsere Werte verteidigen. Dazu gehören die Menschenrechte ebenso wie der demokratische, säkulare Rechtsstaat und die soziale Marktwirtschaft.

 

Norbert Geis, CSU, ist Rechtsanwalt und seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages.

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