© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Störfeuer gegen Thomas Krüger
Bundeszentrale für politische Bildung: Die CDU fordert, endlich auch wertkonservative Wissenschaftler in den Beirat der Behörde zu berufen
Felix Krautkrämer

Seit zwölf Jahren steht Thomas Krüger an der Spitze der Bundeszentrale für politische Bildung – so lange wie kein Präsident vor ihm. Lediglich Paul Franken, der die Behörde von ihrer Gründung als Bundeszentrale für Heimatdienst im Jahr 1952 bis 1968 als Direktor führte, konnte mehr Dienstjahre aufweisen. Von Innenminister Otto Schily (SPD) 2000 ernannt, überdauerte Krüger dank eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses sämtliche Regierungswechsel auf seinem Posten. Zuvor hatten die Präsidenten stets nur einen Vertrag auf fünf Jahre erhalten. Quasi als letzten Freundschaftsdienst unter Genossen entfristete Schily kurz vor der Abwahl von Rot-Grün 2005 schnell noch Krügers Anstellung.

Dieser nutzte seine Position und die laxe Kontrolle durch das Bundesinnenministerium, um Vertraute in Schlüsselpositionen zu bringen. So umgab sich der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete über die Jahre mit Getreuen.

Zwar verfügt Krüger mit Bernd Hübner über einen Stellvertreter aus der CDU, dennoch ist die Behörde auf der Ebene der Fachbereichsleiter fest in der Hand von Rot-Grün und deren Sympathisanten. Dies liegt auch daran, daß die Union sich in den vergangenen Jahren für die politische Bildung nur wenig interessierte. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Kuratoriums zur Kontrolle der Bundeszentrale, Ernst-Reinhard Beck, beklagte im vergangenen Jahr in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Union dürfe das Thema politische Bildung nicht kampflos den anderen überlassen. Es gebe auf diesem Feld eine gewisse linke Dominanz.

Nun könnte sich zeigen, ob Becks Appell Früchte getragen hat, denn im Wissenschaftlichen Beirat der Bundeszentrale stehen mehrere personelle Veränderungen an. Das achtköpfige Gremium unterstützt die Bundeszentrale „in grundsätzlichen Angelegenheiten der politischen Bildung“ und berät die Behörde in inhaltlichen Fragen oder bei der Auswahl von Publikationen und Autoren. Dadurch hat der Beirat einen nicht unerheblichen Einfluß auf die politische Ausrichtung der Bundeszentrale.

Berufen werden die Mitglieder des Beirats vom Bundesinnenminister auf vier Jahre. Neue Mitglieder oder Nachfolger können vom Beirat selbst vorgeschlagen werden. Allerdings ist der Minister nicht an die Vorschläge gebunden. Und genau das könnte eine Chance für die Union sein, die Bundeszentrale in ein anderes Fahrwasser zu bringen, als es dem linkslastigen Sozialdemokraten Krüger recht sein dürfte. Bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr werden mindestens drei Mitglieder den Beirat verlassen, allen voran seine Vorsitzende, die Berliner Kommunikationswissenschaftlerin Barbara Pfetsch, die am Dienstag aus dem Gremium ausschied. Als Nachfolgerin für Pfetsch hat sich der Beirat auf Christiane Eilders geeinigt. Die Düsseldorfer Medienwissenschaftlerin beschäftigt sich unter anderem anhand der Serie „Lindenstraße“ mit dem Einfluß des Fernsehens auf die politische Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Im Oktober wird die Berliner Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer aus dem Beirat ausscheiden. Für ihre Nachfolge wurde die iranischstämmige Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur vorgeschlagen. Amirpur lehrt an der Universität Hamburg und arbeitet als Journalistin unter anderem für taz, Zeit und Süddeutsche Zeitung. Über den Nachfolger des Politikwissenschaftlers Everhard Holtmann, der im Juni nächsten Jahres ausscheiden wird, hat sich das Gremium noch nicht verständigt.

In der Union gibt es nun Stimmen, die warnen, man dürfe die Chance nicht verpassen, um mit der Berufung eigener Kandidaten einen politischen Akzent zu setzten und Krüger das Leben ein bißchen schwerer zu machen.

Bei Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dürften sie damit auf offene Ohren stoßen. Einen ersten Fingerzeig, daß er in Sachen Führung der Bundeszentrale für politische Bildung eine etwas andere Auffassung als seine Vorgänger hat, gab Friedrich Krüger Anfang des Jahres, als er ihm eine Dienstreise nach Westafrika untersagte (JF 20/12).

Noch hat Friedrich nicht über die Nachbesetzung des Wissenschaftlichen Beirats entschieden, teilte ein Sprecher mit. Neben den Vorschlägen des Gremiums erreichte den Minister auch eine Liste des CDU-Bundestagsabgeordneten Patrik Sensburg mit Namen potentieller Kandidaten. Sensburg, der Mitglied des Kuratoriums der Bundeszentrale ist, begründet seine Initiative mit der notwendigen politischen Ausgewogen der Behörde. „Dafür braucht es im Beirat aber auch einige wertkonservative Wissenschaftler, die in gesellschaftlichen und politischen Fragen andere Ansichten vertreten als beispielsweise Thomas Krüger“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Zudem verstehe er nicht, warum vom Beirat lediglich eine Islamwissenschaftlerin vorgeschlagen worden sei und keine katholische oder evangelische Theologin. „Es wäre doch nur wünschenswert, wenn sich die Bundeszentrale nicht nur mit dem Islam, sondern auch mit unserer christlichen Religion beschäftigt“, sagte der CDU-Politiker.

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