© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Grüße aus Bern
Verkehrte Fronten
Frank Liebermann

Die Schweiz ist besonders stolz auf ihre Souveränität. Daher hat sie es auch gar nicht gerne, wenn Einmischungen von außen erfolgen. Besonders sauer reagiert der Schweizer, wenn Interventionen von Großmächten wie den USA oder Gernegroßmächten wie den Deutschen erfolgen. Dann wird listig das Bild von der gnomhaften Schweiz bemüht, die sich als kleiner David gegen den mächtigen Goliath verteidigen muß.

Im Moment sind die Fronten aber verdreht. Das kleine Fürstentum Liechtenstein spielt den David und tanzt dem „großen“ Nachbarn auf der Nase herum. Für eine Fristenlösung bei Abtreibungen sprach sich die Schweizer Bevölkerung vor zehn Jahren aus. Jetzt formiert sich Widerstand, der die Gesetzeslage ändern möchte. Vertreter aus dem kirchlichen Umfeld, Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und das Fürstentum Liechtenstein positionieren sich gegen die herrschende Praxis. Mit einem „Marsch für das Leben“ wurde ein erster Erfolg erzielt.

Noch aktiver ist das Fürstentum Liechtenstein in Grenznähe. Von der „Sophie von Liechtenstein-Stiftung für Frau und Kind“ finanziert, wurde im Kanton Sankt Gallen eine neue Schwangeren- Beratungsstelle eröffnet (www.schwanger.li). Damit betreten die Liechtensteiner Schweizer Hoheitsgebiet. Ziel ist es, Frauen Hilfestellungen zu bieten, die einen Schwangerschaftsabbruch unnötig machen. Dazu scheinen fast unbegrenzte Mittel vorhanden zu sein. Bis zu 3.000 Schweizer Franken bekommt eine Frau bezahlt, wenn sie finanzielle Unterstützung braucht. In der Schweiz wird die Expansion nicht gerne gesehen. Schließlich gibt es auch hier staatliche Stellen, die Beratungsleistungen anbieten. Zusätzliche Konkurrenz kann da niemand gebrauchen. Vor allem nicht eine, die sich dem linken Zeitgeist widersetzt.

Abtreibungsbefürworter gehen mit dem Fürst von Liechtenstein hart ins Gericht. Dort ist Abtreibung strafbar und es droht Gefängnis. Sie werfen ihm Scheinheiligkeit vor und unterstellen, die harte Haltung im eigenen Land nur durchhalten zu können, weil die Frauen in die Nachbarländer ausweichen.

Kritik wird auch an den finanziellen Leistungen laut. Eine finanzielle Zuwendung über vier bis fünf Jahre würde nicht genügen, die Probleme zu lösen und sei nicht nachhaltig, so diverse Stellungnahmen von linken Politikern. Bleibt nur die Frage, wie ethisch vertretbar die „nachhaltige“ Abtreibung ist?

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