© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Anleitungen zur Islamkritik
Vereinfachte Weltsichten zur „Religion des Friedens“
Wolfgang Kaufmann

Für Thorsten Gerald Schneiders gibt es nur zwei Spielarten der Islamkritik, nämlich die „Islamfeindlichkeit“ und die „vernünftige Islamkritik“. Dieser Hang zur Vereinfachung resultiert möglicherweise daraus, daß Schneiders nicht bloß Islam- und Politikwissenschaftler, sondern auch Diplomsozialpädagoge ist.

Jedenfalls bietet der neue Aufsatzband des Islamexperten, der seine akademische Karriere an der Universität Münster unlängst aufgab, um dem Deutschlandfunk bei einer politisch korrekten Präsentation der „Religion des Friedens“ behilflich zu sein, ein gerüttelt Maß an weltfremder Besserwisserei – garniert mit diversen biologistischen Verbalinjurien: Sarrazin, Giordano, Broder, Ulfkotte und wie sie alle heißen, seien einerseits Rassisten und andererseits Galionsfiguren der breit aufgestellten „islamophoben bis islamophagen Desintegrationspublizistik“, deren „kommunikative Metastasen“ Deutschland von innen her zerfressen, weshalb wohl bald eine Massenabwanderung der hierzulande lebenden hochqualifizierten Migranten aus dem muslimischen Kulturkreis einsetzen werde.

Aber vielleicht gelingt es den im Buch zu Wort kommenden vernünftigen Islamkritikern, zu denen auch Schneiders muslimische Ehefrau Lamya Kaddor zählt, diesen „personalpolitischen GAU“ noch zu verhindern. Dazu müßten die Deutschen allerdings bereit sein, das Hauptforschungsergebnis von Kaddor und Co. zu rezipieren, das da lautet: Egal, welche Defizite und welche Delinquenz Muslime in der Bundesrepublik auch immer zeigen würden, schuld daran sei die anhaltende Diskriminierung und Ausgrenzung durch die nichtmuslimische Mehrheitsgesellschaft!

Ansonsten erweist sich Herausgeber Schneiders nicht nur als profunder Kenner der dunklen wie der lichten Seite der Islamkritik, sondern auch als Recycling-Experte. Immerhin sind neun der 16 Beiträge des Bandes alte Hüte: Benz, Abdel-Samad und Ceylan bieten lediglich einen zweiten Aufguß aus ihren einschlägigen Büchern, und die Essays von Korn, Böckenförde und Bade standen bereits in FAZ, der Süddeutschen Zeitung und Migazin. Dazu kommen dann noch drei Entlehnungen aus früheren Veröffentlichungen von Schneiders.

Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.): Verhärtete Fronten. Der schwere Weg zu einer vernünftigen Islamkritik. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2012, broschiert, 265 Seiten, 29,95 Euro

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