© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/12 10. August 2012

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Drohnen über Berlin
Marcus Schmidt

Nicht erst der immer wieder aufflackernde Streit um mögliche Panzerlieferungen auf die Arabische Halbinsel oder in noch fernere Weltgegenden macht deutlich, daß die Rüstungspolitik in Deutschland immer noch ein Minenfeld ist. Das zeigt auch die aktuell Diskussion über den Kauf bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr, die seit Beginn der Sommerpause durch das politische Berlin wabert.

Dabei geht es um die von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) angedeutete Möglichkeit, daß die Bundeswehr in absehbarer Zeit unbemannte bewaffnete Fluggeräte beschaffen könnte. Schon jetzt nutzt die Truppe in Afghanistan Drohnen ohne Bewaffnung zur Aufklärung. Die von Israel gemieteten Einheiten werden längst als unverzichtbar für die Sicherheit der Bundeswehr am Hindukusch angesehen.

Doch Deutschland wäre nicht die Bundesrepublik, wenn sich die Diskussion um die Bewaffnung von Drohnen nicht zu einer Grundsatzdebatte auszuweiten droht. Schon macht die Warnung vor der „Automatisierung des militärischen Tötungsprozesses“ die Runde. Die Linkspartei-Abgeordnete Inge Höger warnte denn auch mit Hinweis auf den Einsatz entsprechender Fluggeräte durch die Amerikaner zur gezielten Tötung von mutmaßlichen Terroristen vor „kaltblütigen Hinrichtungen“ durch den „smarten Sensenmann“ (Spiegel).

Aber ein ganzes Waffensystem auf diese speziellen Einsätze zu reduzieren, läßt der Verteidigungsminister nicht gelten. „Das ist intellektuell eine verkürzte Debatte“, sagte er der Welt. Dennoch erklärt dieser Aspekt und die damit offenbar verbundene Angst vor fliegenden Killerkommandos der Bundeswehr, die ohne Prozeß und völkerrechtliche Grundlage rund um die Welt tatsächliche oder vermeintliche Terroristen töten, warum es überhaupt eine Diskussion gibt. Denn, so der Minister, eigentlich sei eine Drohne doch nichts anderes als ein Flugzeug ohne Piloten. „Flugzeuge dürfen Waffen tragen. Warum also sollten unbemannte Flugsysteme das nicht dürfen? Das erschließt sich mir nicht.“ Und letztlich seien Torpedos oder Raketen, die sich ihr Ziel selbst suchten, ja ebenfalls unbemannte Waffen.

De Maizière verwies zudem auf die Vorteile, die diese Systeme seiner Meinung nach haben, etwa deren Zielgenauigkeit. „Und je besser man zielen kann, desto weniger Schäden gibt es“, versuchte er ethischen Bedenken nicht nur aus Reihen der Linkspartei entgegenzutreten. Ethisch sei eine Waffe stets als neutral zu betrachten, sagt der Verteidigungsminister. „Wenn ich eine unbemannte Drohne in den Einsatz schicke statt eines bemannten Flugzeugs, dann dient das auch dem Schutz unserer Soldaten.“

Im Verteidigungsministerium laufen ungeachtet der Debatte längst Planungen für die Beschaffung bewaffneter Drohnen. Gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien wird nach Angaben de Maizières bereits an einer entsprechenden europäischen Drohne gearbeitet, „die hoffentlich in den Jahren nach 2020 auch einsatzfähig verfügbar ist“.

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