© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/12 10. August 2012

Blick in die Medien
Ein merkwürdiges, weltfremdes Verbot
Toni Roidl

Graffiti-Vandalen haben auf einem Betriebsgelände der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Züge und Gebäude verunstaltet. Dabei ließen sie ihre Taten für den Film „Unlike U“ dokumentieren. Die Sachbeschädigungen fanden überwiegend nicht im öffentlich zugänglichen Bereich statt, sondern in Zonen, zu denen der unbefugte Zutritt untersagt ist.

Das Berliner Landgericht zog daraus eine merkwürdige Konsequenz: Die Richter verboten das Filmen in Berlins U-Bahnhöfen! Begründung: Die Verbreitung der Bilder würde die Eigentumsrechte der Berliner Verkehrsbetriebe verletzen. Die Einschränkung der „Panoramafreiheit“ macht das Filmen in der Berliner U-Bahn nun genehmigungspflichtig.

Das ist gewagt. Auf einen Filmer, der keine Sachbeschädigung begeht und sich nur im frei zugänglichen Raum bewegt, dürfte der Fall schwer übertragbar sein. Der Frankfurter Flughafen darf nicht einmal Demonstranten rauswerfen, weil die Versammlungsfreiheit über dem Hausrecht steht. Doch derlei rechtliche Absurditäten gibt es einige: Wer zum Beispiel einen ICE3 fotografiert, verletzt den Geschmacksmusterschutz der Deutschen Bahn.

Unklar ist, ob sich das BVG-Gelände auf das ganze BVG-Streckennetz erstreckt, was auch Innenaufnahmen zustimmungspflichtig machen würde und was das für Journalisten bedeutet. Das Gericht verurteilte den Produzenten außerdem dazu, der BVG für die Berechnung von Schadensersatzforderungen Auskunft über die kommerzielle Verwertung des Films zu geben.

Wird hier das Eigentumsrecht vorgeschoben, um kritische Berichterstattung – zum Beispiel über Gewalt in Berlins U-Bahnen – zu erschweren? Wird die Bahn demnächst Mitarbeiter damit beschäftigen, Internetforen nach privaten U-Bahn-Aufnahmen zu durchkämmen? Die Bilder aus „Unlike U“ waren der BVG angeblich anonym zugespielt worden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen