© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Die Bezahlschranke kommt
„Paywall“: Leitmedien wie die „FAZ“ und der „Spiegel“ suchen nach einem Ausweg aus dem Dilemma der Gratiskultur
Ronald Berthold

Nein, ich brauche keine Zeitung, ich habe doch Internet“, lautet ein flapsiger Satz, den Zeitungsverkäufer immer wieder hören, wenn sie abends mit ihren Blättern durch Berliner Kneipen ziehen. Seit Beginn des Internetzeitalters stellen Zeitungen viele oder alle ihrer Texte kostenfrei ins Netz. Ziel: die Gewinnung neuer Leser für die Printausgabe.

Die Strategie ging nicht auf. Die Auflagen sanken, während die Klicks stiegen. Niemand zahlt für ein Abo, wenn es alles auch gratis gibt. Ein Teufelskreis begann: Je niedriger die Auflage, desto niedriger die Anzeigenpreise. Der Anzeigenumsatz im Netz konnte dies nicht annähernd ausgleichen.

Viele Blätter sind dadurch in die Krise geraten. Nun diskutiert die gesamte Branche über „Bezahlschranken“. Jüngstes Beispiel ist die Frankfurter Allgemeine: „Für die FAZ sind Bezahlinhalte Teil einer Qualitätsstrategie. Und wie die genau aussieht, diskutieren wir gerade“, sagte FAZ-Geschäftsführer Tobias Trevisan.

23 Tageszeitungen – darunter Financial Times Deutschland und Berliner Morgenpost – haben bereits eine Bezahlschranke errichtet. Weitere planen eine, darunter angeblich auch Bild. Auch den Spiegel hat der Streit erreicht. Die Printredaktion forderte jüngst, daß der Web-Auftritt kostenpflichtig werden müsse, damit das Magazin nicht noch mehr Leser verliere. Doch die Onlineredaktion setzte sich durch – Spiegel online bleibt kostenfrei. Vorläufig. Mittelfristig dürfte das Kostenlos-Lesen überall zu Ende gehen, auch wenn viele Verlage sich derzeit noch scheuen, ihren Lesern die Gratismentalität abzugewöhnen. Im angelsächsischen Ausland funktioniert es. Die Londoner Times und die New York Times gelten als erfolgreiche Beispiele für das Etablieren der Bezahlschranke.

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