© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Leserbriefe

Zu: „Vorrang für Familie“ von Jürgen Liminski, JF 34/12

Böse Geburt: Fluch der bösen Tat

Es gibt nicht nur „Wichtigeres als die Forderung nach einem Ehegattensplitting für gleichgeschlechtliche Paare“. Vielmehr ist dieser neue Vorstoß der Fluch der bösen Tat. Das Ehegattensplitting ist durch keine verfassungsmäßige Begründung zu rechtfertigen und soll nun auch noch auf Homo-Verbindungen erstreckt werden. Doch erst Kinder bringen eine Veränderung – mit Ehe, aber ebenso ohne; und eine anerkennenswerte Wirtschaftsgemeinschaft („Einstehensgemeinschaft“) könnte eher noch die zwischen Geschwistern oder die eines siechen Mannes mit seiner pflegenden Tochter sein. Aber der Bundestag wird den Steuernachlaß schon richten.

Hans Meister, Düsseldorf

 

 

Zu: „Das Schweigen der Schweizer“ von Ronald Gläser, JF 34/12

Der Staat ist dazu verpflichtet

Es ist scheinheilig, den Ankauf von Steuerdaten und Anleitungen zur Steuerhinterziehung als „Ungeheuerlichkeit“ zu bezeichnen und die Steuerhinterziehung mit moralischen Einwänden kleinzureden. Der Staat ist dem ehrlichen (dummen?) Steuerzahler gegenüber geradezu verpflichtet, alles zu unternehmen und die Steuerhinterziehung mit allen Mitteln zu bekämpfen. Die Schweizer wissen schon, warum sie schweigen. Ein solch miserables Steuerabkommen, wie es Herr Schäuble ausgehandelt hat, wäre ein Geschenk für sie.

Karl-Heinz Bauer, Saarbrücken

 

 

Zum Schwerpunktthema: „Was gesagt werden darf“, JF 33/12

Was zählt, ist die Abweichung

Die formale Struktur einer Demokratie ist ohne Meinungsfreiheit inhaltsleer. Diese ist die unabdingbare Voraussetzung dafür und deshalb im Grundgesetz verankert. Damit sollte nicht die jeweils herrschende Meinung geschützt werden – das ist unnötig –, sondern gerade die davon abweichende Meinung.

Dr. Edgar Umlauf, Garching

 

Verleugnete Begrifflichkeit

Den Hauptfehler für die wachsende Stasi-Mentalität in Deutschland sehe ich in unserer „wunderbaren Verfassung“. Zwar liest sich Art. 5 Abs. 1 GG zunächst glasklar: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (...) Eine Zensur findet nicht statt.“ Besser ist da die US-Verfassung (1. Zusatzartikel), wo es heißt: „Der Kongreß darf kein Gesetz erlassen, das (…) die Rede- oder Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich zu versammeln (…).“ Bei uns kassiert Art. 5 Abs. 2 GG die zuvor eingeräumten Rechte wieder ein, da diese „ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“ finden. Dazu haben unter Verkennung der deutschen Sprache Abgeordnete den Paragraphen 130 StGB mit dem „Holocaust-Leugner“ erfunden. Den dürfte es heute aber kaum noch geben, wie ein Blick in mein dickes Buch „Knaurs Rechtschreibung“ zeigt! Demzufolge ist Leugnen = abstreiten, nicht zugeben einer (begangenen) Handlung oder Tat. Niemand kann also den Boxeraufstand in China oder den Holocaust leugnen! Ähnlich schief ist der Begriff von den „Migranten“: Laut dem Wörterbuch beschreibt er „Zugvögel, Wanderer, Nomaden“. Zudem hat im Juli 2011 der UN-Menschenrechtsrat in Genf in Art. 49 „General Comments“ festgestellt, daß Gesetze unzulässig sind, die ein geschichtliches Geschehen – wie bei uns die Zeit zwischen 1933 und 1945 – festschreiben und damit „offenkundig“ machen.

Walter Held, Traunstein

 

 

Zu: „Das Kreuz mit der Meinung“ von Felix Krautkrämer, JF 33/12

Politisches Kampfinstrument

Dem Paragraphen 130 StGB scheint zunehmend die Rolle eines politischen Kampfinstruments zuzukommen – eine Allzweckwaffe, um unliebsame Meinungen und Kritik schon im Keim zu ersticken. Gummiparagraphen dieser Art kennt man sonst nur aus Diktaturen. In der Schule habe ich mal gelernt, daß in Rechtsstaaten die Tat bestraft wird und nicht die Gesinnung. Was müssen diese Politiker die Meinungsfreiheit fürchten. Rede und Gegenrede. Der Austausch von Argumenten. Wie zivilisierte Menschen das eben so machen. Stattdessen wird in diesem „Metternich-Staat“ das Grundgesetz ausgehebelt, willkürlich interpretiert und zurechtgebogen. Wie es gerade gebraucht wird.

Stephan Zankl, München

 

 

Zu: „Totale Entmenschlichung“ von Doris Neujahr & „‘Grenzen wurden überschritten’“ von Henning Hoffgaard, JF 33/12

Orwellscher Gesinnungsterror

Das Ausmaß der vielfachen Medienhetze gegen die junge Sportlerin Nadja Drygalla wird in Ihrem Kommentar erst richtig erkennbar – und ruft Erinnerungen an berüchtigte Gestapomethoden sowie Stasi-Spitzel wach, die nunmehr ersatzweise und freiwillig von der „freien“ Presse wahrgenommen werden – begleitet von einem Gesinnungsterror, der an das Orwellsche Staatsgebilde denken läßt. Bei diesem Drama waren die Sportfunktionäre willige Vollstrecker. Die Mannschaftskameradinnen indes hätten ihrem Sportsgeist wohl mehr Rechnung getragen, wären sie ebenfalls „freiwillig“ heimgefahren.

Armin Garstka, Karlsruhe

 

Vespers politische Korrektheit

Der Fall Nadja Drygalla ist kein „Skandal“, sondern eine Riesenschande – für alle, die sich an der Hetzjagd auf die 23jährige beteiligten, anstatt ihr beizustehen. Daß „diese Person“ gar nicht Mitglied der Mannschaft geworden wäre, wenn man „es“ gewußt hätte, ist durchaus glaubhaft – auch ohne die erbärmliche Beteuerung eines Michael Vesper. Dankbar muß man der JF sein für die Aufzählung der an der Meute Beteiligten (Petra Pau, Dagmar Freitag, Torsten Haberland) – und auch für die Nennung ihrer wenigen Verteidiger in politischen Führungspositionen (Erwin Sellering, Thomas de Maizière).

Hans-Gert Kessler, München

 

Falsche Partnerwahl

Hätte Nadja Drygalla doch nur einen ehemaligen Stasi-IM für sich auserkoren – dann wäre das weder dem Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes bekannt gemacht worden, noch hätte sich Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Ex-SED) dazu äußern müssen.

Carsten H. Brammer, Niederkrüchten

 

Feige Funktionäre und Presse

Vielen Dank für Ihre faire Berichterstattung über Nadja Drygalla. Die junge Frau hat sich nichts – aber auch gar nichts – zuschulden kommen lassen. Erst wurde ihr „nahegelegt“, ihren Beruf bei der Polizei aufzugeben; dann wurde sie aus dem olympischen Dorf „herauskomplimentiert“. Ich bin empört über die feigen Journalisten und die feigen Funktionäre. Ich habe schon einmal in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebt, wohin Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Gesinnungsschnüffelei und Verfolgung Andersdenkender führen. Sind wir wieder soweit, „nur“ unter umgekehrten Vorzeichen? Wehret den Anfängen!

Hans-Günther Grünefeld, Neuried

 

Antidemokratische Polit-Clique

Vom Regen des real existierenden Sozialismus sind wir in die Traufe eines Parteienkartells der Gesinnungsschnüffelei gekommen. Als Bürger eines Staates, dessen einstige Politiker – Strauß, Schumacher, Dehler oder Adenauer – heute als Rechtsextremisten diffamiert würden, schämen wir uns für eine Polit-Clique, die vorgibt, für unser Land zu arbeiten, in praxi jedoch die Demokratie abschafft.

Hardo Obergefell, Duisburg

 

Gesinnungsprüfung bald Regel

Dieser Beitrag spricht mir aus der Seele! Anstand und Fairneß sind selten geworden in der deutschen TV- und Presselandschaft. Sollte Rot-Grün wieder an die Macht kommen, wird die Gesinnungsüberprüfung offizielle Regelung werden. Vor einer Generation war Deutschland noch ein komplett anderes, freieres Land als heute. Wie konnte es so weit kommen?

Heidi Körmer, München

 

 

Zu: „Eine Diva mit Beffchen“ von Christian Schwießelmann, JF 33/12

Eine unpassende Überschrift

Die Überschrift erscheint mir unpassend, denn Diva bedeutet „die Göttliche“, ich kann aber nichts Göttliches finden. Für mich handelt es sich nicht um einen Pastor, sondern um einen geistig partiell defekten Menschen, für den Pastorsein keine Berufung ist, was heute leider häufig vorkommt, sondern nur ein Job. Die Kombination von Abendmahlsgottesdienst mit Erotik zeugt davon, daß der „Herr“ überhaupt nicht begriffen hat, was das Abendmahl war und ist.

Auch die weiteren Aussagen sind keineswegs heikel, wie sich Herr Schwießelmann zurückhaltend ausdrückt, sondern völlig daneben. Es ist absolut unverständlich, daß eine Gemeinde und deren Kirchen-/Gemeinderat so etwas mitmacht, und daß eine Kirchenleitung solche offenbar vorangekündigte Veranstaltung überhaupt zuläßt. Bei derartiger Verhöhnung des Christentums in einer Kirche ist Toleranz fehl am Platz, der Mensch wäre umgehend aus seinem Amt zu entfernen. Solche Veranstaltungen erledigten sich von alleine, wenn sie niemand – vor allem nicht die Medienvertreter – zur Kenntnis nähme.

Dr. Manfred Förster, Einbeck

 

 

Zu: „In die Zange genommen“ von Michael Paulwitz, JF 32/12

Anerkennung durch Erpressung

Der BVerfG-Senatsvorsitzende Ferdinand Kirchhof polemisiert, die Menschenwürde sei „migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Sein Senat relativiert sie dagegen schlicht finanzpolitisch – ab 336 Euro pro Monat ist sie gewahrt, darunter nicht. Doch gehungert hat wohl noch kein Asylsuchender in Deutschland. Im Gegenteil erpressen einige erfolgreich den Staat; in Würzburg kampierten sie trotz Verbots der Stadtverwaltung, nähten sich die Münder zu (wer trägt die Arztkosten?) und wurden prompt anerkannt.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: „‘Daß man nicht mehr weg will’“, im Gespräch mit Peter Steinbach, JF 30-31/12

Es stört nur der stereotype Reflex

Den meisten Seite-3-Interviews dieser Zeitung liegt ein Zauber inne, der so vielfältig ist, wie die Interviewten verschieden. Peter Steinbachs authentischer Schilderung der politischen Brüche in seinem Leben und seine diesbezügliche Reue werden viele Leser nur zu gut nachempfinden können. Ergriffen ist man angesichts des Schicksals des Gelehrten und Menschenfreundes Joseph Carle­bach sowie der emotionalen Reaktionen der englischen Damen fortgeschrittenen Alters beim Wiedersehen ihrer deutschen Heimat. Einzig dem Reflex, eine Nähe oder gar Sympathie zum Nationalkonservativen stereotyp zu verneinen, hätte Drehbuchautor Steinbach widerstehen sollen, sprechen doch seine Antworten als Ganzes offenkundig Gegenteiliges.

Stephan Wupper, München

 

 

Zu den Leserbriefen des Schwerpunkthemas „Das Ethos des Verrats“, JF 30-31 & 33/12

Ein letztes Aufbäumen

Zum 20. Juli 1944 wird es immer ein Pro und Kontra geben. Letzeres kam an dieser Stelle ihrer Zeitung ausgiebig zu Wort. Offenbar waren diese Leserbriefschreiber einst Soldaten der Wehrmacht – Frontsoldaten. Solche waren die Offiziere der militärischen Widerstandsbewegung in der Regel auch, und sie waren teils Augenzeugen des Wütens der Einsatzgruppen im Osten. Darüber hinaus hatten sie Kontakt zu SS-Gruppenführer Arthur Nebe, der die Verschwörer mit Material und Zahlen über die deutschen Verbrechen im Reich und im Osten versorgte. Mitverschwörer Philipp von Boeselager etwa wußte durch von Tresckow, daß tausende Juden täglich umgebracht wurden. Wenn die Männer des 20. Juli gegen solche Greueltaten des NS-Regimes Front machten, hat das nichts mit „Fell retten“ zu tun. Daß der Krieg verloren war, wußte man. Es wäre anders verlaufen, wenn die Feldmarschälle von Bock, von Kluge und von Manstein mitgemacht hätten. Sie waren vom Attentat unterrichtet, warteten aber ab.

Um es klar zu sagen: Nachdem vier Attentatsversuche von 1943 bis Anfang 1944 an Zufällen scheiterten, bei denen die Attentäter sich jeweils geopfert hätten (von Breitenbuch, von dem Bussche, von Gersdorff, von Kleist), war es hernach unmöglich geworden, Adolf Hitler allein zu stellen. So war der 20. Juli 1944 ein letztes Aufbäumen unter schlechten Vorzeichen und Bedingungen – wer hier Stauffenberg kritisiert, sollte damit zunächst bei anderen hohen Militärs anfangen.

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

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