© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Kampf gegen Zwangsabgaben
Junge Union: Nach 15 Jahren will sich die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU im Herbst ein neues Grundsatzprogramm geben
Lion Edler

Viel hat sich in Deutschland und der Welt verändert, seit die Jugendorganisation von CDU und CSU, die Junge Union, 1997 ihr Grundsatzprogramm zuletzt änderte. Darin bekennt sich die JU unter anderem zu einer „Sozialen und ökologischen Marktwirtschaft“, fordert „aktive Gleichstellungspolitik“ für Frauen sowie eine besondere Förderung der Ehe bei gleichzeitiger Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen. Nun nimmt der Parteinachwuchs allerdings eine Runderneuerung vor, die im Oktober in einem neuen Programm gipfeln soll.

In Sachen Transparenz scheint es dabei beim alten zu bleiben: Der Entwurf für das Programm ist öffentlich nicht zugänglich und kann auf der entsprechenden Netzseite nur von JU-Mitgliedern diskutiert werden. Einiges ist indes bereits durchgesickert.

Aufsehen erregte bislang der Vorschlag, die Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStAs) der Universitäten und damit auch die entsprechenden Wahlen abzuschaffen. Das JU-Bundesvorstandsmitglied Marcel Grathwohl begründet dies mit der Wahlbeteiligung von oftmals unter 15 Prozent, was regelmäßig zu Wahlsiegen ultralinker Gruppen führt. Die Aufgaben von Asten könnten auch Studentensekretariate übernehmen, findet die JU. Anstatt sich um studentische Probleme zu kümmern, gehe es in den Wahlkämpfen ohnehin nur um „hungernde Kinder in Afrika“. Die hochschulpolitische Sprecherin der JU, Kristina Scherer, ergänzte, daß die Zwangsabgabe von je nach Bundesland zwischen fünf und 20 Euro, die aus dem Semesterbeitrag in die AStA-Finanzierung laufe, auch sinnvoller eingesetzt werden könne.

Die Klagen der JU über die Asten seien „pauschale Vernichtungskritik“, fand daraufhin Torsten Rekewitz vom „Freien Zusammenschluß der StudentInnenschaften“.

Wenn man sich etwa den vergangenen Wahlkampf an der Universität Köln anschaue, dann sei es dort durchaus um bezahlbaren studentischen Wohnraum oder um BAföG-Bearbeitungszeiten gegangen, nicht primär um die politische Weltlage.

Auch vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), kam Kritik. Dessen Vorsitzender Frederik Ferreau sagte, Asten hätten sich im Grundsatz bewährt. Ferreau fühlt sich zudem überrumpelt, da die Forderung bei der Sitzung der Kommission für das Grundsatzprogramm im März noch kein Thema gewesen sei und man den Punkt nicht mit dem RCDS abgesprochen habe. Auch linke Medien zerrissen den JU-Vorschlag in der Luft. „Die Junge Union sägt an der demokratischen Mitbestimmung von StudentInnen an Hochschulen“, glaubt die taz; in der Kommentarspalte hagelte es Hitler-Vergleiche gegen die JU.

In der Arbeitsmarktpolitik setzt der Entwurf offenbar stärker auf die Marktwirtschaft als die Mutterpartei, womit man sich Kritik vom Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, eintrug. Die Aussage des Entwurfs, daß ein funktionsfähiger Arbeitsmarkt die Voraussetzung für einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage sei, irritiere ihn, so Laumann. Der Arbeitsmarkt sei kein Markt wie jeder andere, vielmehr gehe es hier „um Menschen, um Lebenschancen und Schicksale“. Die JU gebe zudem „fast durchweg“ den Flexibilitätsforderungen der Wirtschaft den Vorzug vor den Interessen der Arbeitnehmer.

Im September beginnt die heiße Phase der Programmdiskussion. Dann wird sich zeigen, ob das Grundsatzprogramm der JU auch in gesellschaftspolitischen Fragen im Sinne der von CDU-Chefin Angela Merkel vorangetriebenen Modernisierung der Partei umgestaltet wird.

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