© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Bürgerrundfunk, der nicht bürgerlich ist
Hörfunk: Neben den großen GEZ-Medien existiert noch ein Mikrokosmos staatlich finanzierter, meist linker Radiosender
Christian Schwiesselmann

Der Bürgerrundfunk in Deutschland sollte ursprünglich die staatliche, gebührenfinanzierte Medienlandschaft der Bundesrepublik auflockern. So heißt es beispielsweise im niedersächsischen Mediengesetz, das Ziel sei es „1. die lokale und regionale Berichterstattung sowie das kulturelle Angebot im Verbreitungsgebiet des Programms publizistisch zu ergänzen, 2. den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Rundfunk zu gewähren und 3. Medienkompetenz zu vermitteln“.

Bundesweit sind über 140 solcher Bürgermedienprojekte mit eigener Sendelizenz auf Sendung. Doch im Gegensatz zu den 1970er Jahren, als die aus dem Boden der Anti-AKW-Bewegung schießenden „Piratensender“ tatsächlich Gegenöffentlichkeit formierten, stimmt der „Bürger“ hinterm Mikrophon heute eher in den linken Zeitgeistchor ein.

So interviewte das Erfurter „Radio Frei“ kürzlich den Verdi-Jugendsekretär Jan Duschek zur Broschüre „Aktiv gegen extrem rechte Zeitungen“. Dabei handelt es sich um eine Hetzschrift, die von der Verdi-Jugend zusammen mit dem antifaschistischen Verein Apabiz erstellt wurde (JF 23/12) und in der die JUNGE FREIHEIT als „rechtsextremes Medium“ denunziert wird.

Der Thüringer Sender ist Mitglied im Bundesverband Freier Radios – ein Zusammenschluß nichtkommerzieller Hörfunkinitiativen, der sich in typischer Diktion als „basisdemokratischer Gesellschaftsrundfunk“ versteht und sich „kritisch mit den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen auseinandersetzt“. Bei den 31 Mitgliedssendern sollen vor allem Personen und Gruppen zu Wort kommen, „die gesellschaftlich marginalisiert, sexistisch und/oder rassistisch diskriminiert sind“.

Einfühlsam berichten linke Medienmacher über hartes polizeiliches Vorgehen gegen „blockierende NazigegnerInnen“ oder verlegen „Hörstolpersteine“ im Äther. Zu den Mitgliedssendern gehören mit Radio Dreyeckland aus Freiburg nicht nur der 1977 gegründete „Muttersender“ der Atomkraftgegner, sondern mit der Neuen Essener Welle, der Mikrowelle Recklinghausen und der AJZ-Radioinitivative Bielefeld auch mehrere Sender aus dem staatlich alimentierten NRW-Bürgerfunk.

Bis 2008 flossen allein an Rhein und Ruhr jährlich zwei Millionen Euro Fördermittel aus der Landesmedienanstalt in diese „Bürgermedien“. Die schwarz-gelbe Regierung Jürgen Rüttgers (CDU) vermochte zwar den Subventionsfluß zu begrenzen, konnte ihn aber nicht gänzlich austrocknen. Auch in anderen Bundesländern werden politisch einseitige, nicht-kommerzielle Sender als offener Kanal oder Bürgerfunk mit Lizenzen der Medienanstalten ausgestattet, als Lernorte für Medienkompetenz bemäntelt und mit Steuergeldern aufgepäppelt.

Bürgerrundfunk. Deutschlandweite Übersicht www.buergerrundfunk.de

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