© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/12 07. September 2012

Transplantations-Skandal
Alles nur Kosmetik
Birgit Kelle

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)versucht sich nach dem Organspende-skandal von Göttingen an der Quadratur des Kreises: Er will alles besser machen, aber ohne ein neues Gesetz. Es soll keinen Mißbrauch mehr geben und keine Unregelmäßigkeiten. Transparenz ist das Stichwort der Stunde – und das alles auch weiterhin, ohne daß der Bundestag eine Möglichkeit der Kontrolle und der Einsicht hat.

Schlimm genug: Es brauchte erst diesen Skandal, damit die Politik einsieht, daß es in einem derart sensiblen Bereich wie der Organspende deutlich mehr Kotrolle ausgeübt werden muß. Wir erinnern uns: Erst im Juli ist ein neues Organspendegesetz verabschiedet worden. Schon damals hätte man die Möglichkeit gehabt, schärfere Kontrollen einzuführen. Man hat es versäumt, nicht für nötig erachtet. Statt dessen fungiert nach wie vor eine krisengebeutelte Deutsche Stiftung Organspende (DSO) als Koordinierungsstelle für die Organverteilung und -entnahme, über die unser Parlament keinerlei Kontrollbefugnisse besitzt, da es sich um eine privatrechtliche Stiftung handelt. Kontrollieren darf nur der Stiftungsrat, doch dort sitzen führende Köpfe der Deutschen Transplantationsgesellschaft, einer medizinischen Fachgesellschaft von Ärzten, die selbst ein massives Interesse an möglichst vielen Spenderorganen hat.

Wieviel Unabhängigkeit haben sie? Schon früher gab es massiv Kritik, daß der Bundestag auf eine eigene Kontrolle verzichtet, man hat es damals nicht verändert und will es jetzt auch nicht tun. Man hat auf die Ärzte vertraut, daß sie die Dinge richtig machen. Die Lobbyisten hatten ganze Arbeit geleistet.

Nun zeigt sich, es gibt auch unter Transplanta-tionsmedizinern schwarze Schafe. Wieso auch nicht? Es geht um viel Geld in dieser Branche, und Ärzte sind nicht moralischer als andere Berufsgruppen. Das sollte auch der Gesetzgeber wissen.

Die neu gefaßten Beschlüsse über die Abschaffung von Bonuszahlungen oder die neuen Kontrollstrukturen durch Politik und Krankenkassen haben nur den Stand eines „Diskussionspapiers“ erreicht. Ob daraus jemals etwas umgesetzt wird, muß sich noch zeigen. Vorerst ist es nicht mehr als Kosmetik. Erst einmal wurden einfach nur die Wogen eines Skandals geglättet und ein paar Beruhigungspillen verteilt.

 

Birgit Kelle ist Journalistin und Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus sowie Mitglied der New Women for Europe.

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