© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/12 07. September 2012

Weltweit einzigartiges Anti-Google-Gesetz
Leistungsschutzrecht: Verlage wollen Geld dafür verlangen können, daß Suchmaschinen Links auf ihre Artikel setzen
Ronald Gläser

Das Wall Street Journal hat einen neuen Dienst: Auf der Netzseite stream.wsj.com posten die Korrepondenten Kurzfilme. Nutzer können zum Beispiel die texanischen Delegierten auf dem Republikaner-Parteitag in Tampa sehen (tragen alle Cowboyhut) oder erleben, wie Reporter Cameron McWirther durch das hurrikangeplagte Mississippi gefährt („Hier sind nur noch Polizisten unterwegs und Idioten wie ich“).

Das ist die eine Möglichkeit, wie sich ein Verlag das Internet zunutze macht: indem er es aktiv nutzt und sich neue Anwendungen einfallen läßt. Die deutschen Verlage haben sich für einen anderen Weg entschieden. Auf ihren Druck hin hat die Bundesregierung in der vergangenen Woche das Gesetz für ein Leistungsschutzrecht auf den Weg gebracht.

Das Gesetz soll das Verhältnis zwischen Suchmaschinen (sprich: Google) und Medienanbietern regeln. Die Verlage finden, sie werden von Google über den Tisch gezogen. Denn die Suchmaschine mit dem Marktanteil von geschätzten 97 Prozent setzt kostenfrei Links auf die Seiten der Zeitungen. Das geplante Gesetz erlaubt es den Verlagen, dafür künftig Geld zu nehmen. Zum Beispiel ein Cent pro Klick.

Die Verleger sind begeistert, Google hingegen empört. Auch Berufs- und Branchenverbände sind eher skeptisch. Politisch ist das Gesetzesvorhaben umstritten, seit es in den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP aufgenommen worden ist. Neben der Piratenpartei formiert sich auch in der SPD und der CDU – hier bei der Jungen Union – Widerstand gegen das Gesetz, das noch durch Bundestag und Bundesrat muß.

Nun wird gemunkelt, Google könnte seinen News-Dienst einstellen. Damit wäre das Gesetz obsolet, die Rechnung der Verlage ginge nicht auf.  Sie würden nicht mehr Umsätze dadurch machen. Google würde wenig bis nichts verlieren, denn mit dem speziellen Dienst hat das US-Unternehmen wohl nichts verdient. Im Grunde wäre niemandem damit geholfen. Leidtragende wären hingegen alle Nutzer, die auf Google News verzichten müßten.

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