© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Spekulationen über Zahlungsunfähigkeit Japans
Gefährlicher Schuldenberg
Albrecht Rothacher

Als im August der mittelamerikanische Kleinstaat Belize pleite ging, nahm niemand Notiz. Doch bald könnte Japan vor dem fiskalischen Aus stehen. Mit 220 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist der japanische Staat verschuldet. Bislang war das kein Problem, zu 93 Prozent steht Japan bei seinen eigenen Bürgern in der Kreide. Staatlich kontrollierte Instanzen wie Nationalbank, Postbank und Versicherungen müssen die Bonds mit Nullzinsen kaufen. Solange die Japaner weiter sparen, ist der Staat nicht von internationalen Finanzhaien abhängig.

Zudem besitzt Japan nach China die zweitgrößten Devisenreserven der Welt, das Land ist die viertgrößte Exportnation. Doch die Steuereinnahmen reichen nur noch bis November. Die routinemäßig beantragten Staatsanleihen wurden zwar im Unterhaus gebilligt, doch im von der Opposition kontrollierten Oberhaus abgelehnt. Damit sollen jene Neuwahlen erzwungen werden, die Premier Yoshihiko Noda als Gegenleistung für die Zustimmung zur Verdoppelung der Verkaufssteuern auf zehn Prozent zugesagt hat. Doch Nodas Demokratische Partei hat nach ihrem Erdrutschsieg vor drei Jahren fast alle ihre Wahlversprechen gebrochen und sieht einer vernichtenden Niederlage entgegen. Doch die Liberaldemokraten, die in den zwei Jahrzehnten zuvor jenen Schuldenberg durch nutzlose Konjunkturprogramme angehäuft haben, sind nicht viel populärer. Zudem glauben viele Wähler, daß sich beide Parteien zu einer großen Koalition zusammenraufen werden.

Wahlsieger könnte daher Osakas Bürgermeister Toru Hashimoto werden, der sich mit nationalpatriotischen Parolen, einem wirtschaftsliberalen Programm und energischen Verwaltungsreformen einen Namen machte. Aber der 43jährige frühere Fernsehstar hat Schwierigkeiten, bis November eine landesweite Wahlpartei aufzubauen. Deshalb das Drängen auf baldige Wahlen – und sei es um den Preis einer vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit des Staates.

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