© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Jetzt also auch noch Talksendungen
Politainment: Stefan Raab kündigt neues Sendeformat an / Debattierern winkt Preisgeld von 100.000 Euro pro Sendung
Ronald Gläser

Der bekannteste ehemalige Metzgereiauszubildende Deutschlands setzt seinen Weg unverdrossen fort: Stefan Raab will jetzt am Sonntagabend mit einer Talkshow der besonderen Art auf Sendung gehen. Sein Konzept ist außergewöhnlich: Die Zuschauer dürfen abstimmen über die Auftritte der Gäste. Gewinnt einer von ihnen fünfzig Prozent der Stimmen, so erhält er das Preisgeld von 100.000 Euro.

Raab dazu im Spiegel: „Daß die anderen einen ins Koma senden, heißt ja nicht daß das nicht spannender geht.“ Raab ist einer von Deutschlands führenden TV-Unterhaltern. Denkbar, daß er mit seinem Vorhaben erfolgreich sein wird.

Der 45jährige hat seine eigene Sendung TV Total, hat in Filmen mitgespielt, Lieder komponiert und Lena Meyer-Landrut entdeckt, die dann den Eurovision Song Contest für Deutschland gewonnen hat. Der Mann kann nicht anders: Er muß sich immer neue Aufgaben stellen und bewältigen. Im Interview klagt er, in seiner Karriere immer wieder mit dem Satz konfrontiert gewesen zu sein „Nee, laß mal, der Markt ist zu“ – zugleich seien Talkshows der „uncoolste Markt des deutschen Fernsehens“.

Raab kennt die Gesetze dieses Marktes. Er muß provozieren, um wahrgenommen zu werden. Das kann er nur, wenn er das Gerede von der Alternativlosigkeit einstellt und echte Alternativen diskutiert: Euro-Ausstieg, Todesstrafe, Flattax – Dinge eben, über die Günter Jauch, gegen den Raab mit seiner Sendung „Absolute Mehrheit“ antreten wird, nie reden wird.

Raab kann sich nicht zufällig Alexander Dobrindt als möglichen Gewinner seiner Sendung vorstellen. Den CSU-General, der zur Zeit wie kein anderer in der deutschen Politik Stimmung für den Rauswurf Griechenlands aus dem Euro macht. Politik ist längst zur Schau geworden. Warum soll das Fernsehen keine Schau aus der Politik machen? Auch dem letzten wird dadurch klar, daß es in der Politik fast nur um Geld und Macht geht. Mit anderen Worten: Raabs Sendung könnte den Menschen die Augen öffnen. Damit wäre schon viel gewonnen.

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