© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Bologna aus der Außenperspektive: Kompletter Fehlschlag
Lernen ohne Gemeinschaftssinn
(wm)

Den überwiegend negativen Zwischenbilanzen, die derzeit zu der 1999 den deutschen Hochschulen aufgezwungenen, seit 2007 umgesetzten „Bologna-Reform“ gezogen werden, fügt der in Japan lehrende deutsche Germanist Johannes Balve einige „kritische Bemerkungen aus der Außenperspektive“ hinzu (Das Hochschulwesen, 3/2012). Als kompletten Fehlschlag wertet Balve das hehre Ziel einer „Internationalisierung“ des deutschen Hochschulwesens. Über Rhetorik sei sie nie hinausgelangt, denn immer noch verfügen 94 Prozent der Professoren über einen deutschen Paß, und auch im wissenschaftlichen Mittelbau seien ausländische Forscher „eine Seltenheit“. Zudem sei bei der Orientierung am angelsächsischen Bachelor-Modell das meiste schiefgelaufen. In Deutschland führte sie zur Verschulung des Studiums zu Lasten von wissenschaftlichem Lernen und akademischer Freiheit. An alten Bildungzielen hätten deutsche BA-Designer zwar teilweise festgehalten, sie aber in viel zu kurze Studiengänge gepreßt, mit der Folge zu frühzeitiger Spezialisierung. Dadurch gehe der übergeordnete Zusammenhalt des Studierens verloren, wie er in japanischen, familienähnlichen Strukturen ebenso vermittelt werde wie in den Gemeinschaftssinn stiftenden interdisziplinären Forschungsteams der Elite-Universitäten an der US-Ostküste.

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