© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/12 21. September 2012

Medien in Österreich
Politik kauft Meinung
Martin Graf

Österreich tut sich als kleines Land und damit kleiner Markt schwer mit der Medienvielfalt. Viele Zeitungen sind neben den Verkaufs- und Werbungserlösen auf staatliche Unterstützung angewiesen. Die offizielle Presseförderung ist nicht optimal geregelt, aber einigermaßen transparent. In ihrem Schatten hat sich ein finanziell viel umfangreicheres System des Meinungskaufs entwickelt, das die Unabhängigkeit der Medien massiv untergräbt. Aus den Budgets von Bundesministerien, Landesregierungen, Stadt- und Gemeindeverwaltungen wird für mehr als 100 Millionen Euro jährlich inseriert, was das Zeug hält.

Vor allem in Wahlkämpfen steigt das Volumen ins Unermeßliche. Öffentlicher Druck führte dazu, daß man versuchte, das Phänomen mit einem eigenen Gesetz einzuschränken. Das Medientransparenzgesetz verbietet nun Werbeeinschaltungen mit dem Konterfei des inserierenden Politikers. Kritiker gehen jedoch davon aus, daß Steuergeld weiter ungebremst in die Zeitungen fließen wird, um freundliche Berichterstattung zu erkaufen oder schlechte Presse zu unterdrücken.

Die Spitze des Eisbergs dieser demokratiegefährdenden Entwicklung ist das Treiben des heutigen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ) in seiner Zeit als Verkehrsminister. Er ließ sogar die staatseigenen Bundesbahnen und die Autobahnerhaltungsgesellschaft inserieren und soll manche „Medienkooperation“ persönlich und auf Kosten dieser Unternehmen eingefädelt haben. Deshalb ermittelt gegen ihn nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß, der sich durch allerhand Korruptionsaffären des letzten Jahrzehnts wühlt.

Daß die SPÖ sich mit Unterstützung des bürgerlichen Koalitionspartners ÖVP seit zwei Wochen beharrlich weigert, den Kanzler zur Befragung in diesen U-Ausschuß vorzuladen, ist ein weiterer Beweis des fehlenden Unrechtsbewußtseins. Die mediale Aufregung darüber fällt um so geringer aus, je stärker das jeweilige Blatt in den Genuß der Regierungseinschaltungen kommt. Alle Beteiligten scheinen sich mit dem System der gegenseitigen Abhängigkeit abgefunden zu haben. Helfen kann da nur die Abkehr der Leser von den etablierten Medien, die – langsam, aber doch – Fortschritte macht.

 

Dr. Martin Graf ist FPÖ-Politiker und seit 2008 Dritter Präsident des österreichischen Nationalrats.

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