© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/12 28. September 2012

„Hitler“-Routen am Kletterfelsen: Historische Nonchalance in Schweden
Das Fehlen erzieherischer Instanzen
(wk)

An dem 20 Kilometer nordwestlich von Stockholm gelegenen Gåseborg-Felsen haben einige schwedische Kletterer zwischen 1987 und 2001 Routen eröffnet, welche Namen tragen wie „Hitler“, „Himmler“, „Rommel“, „Stuka“, „Kristallnacht“ und „Drittes Reich“. Dieses politisch höchst inkorrekte Tun veranlaßte die Historikerin und Hobbykletterin Cordelia Heß im Sommer 2010, sich vermittels der Zeitung Dagens Nyheter an die Öffentlichkeit zu wenden. Allerdings verlief ihre lautstarke Intervention letztlich komplett im Sande: So verweigerte der schwedische Kletterverband die geforderte Umbenennung und verwies darauf, daß ältere Routennamen traditionell tabu seien; im übrigen liege auch nur ein szeneinterner Scherz vor, welcher Außenstehende eigentlich gar nichts angehe. Darob vermutlich stark frustriert, legt Heß nun im Verein mit der Sozialwissenschaftlerin Monika Urban von der Universität Bremen noch einmal nach. Wie die beiden Autorinnen im österreichischen Fachblatt Zeitgeschichte (3/2012) feststellen, gehe der bergsportlichen Gemeinschaft in Schweden offenbar jedwedes historische Bewußtsein sowie der Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus beziehungsweise des Holocaust ab. Verantwortlich hierfür sei das Fehlen erzieherisch tätiger „Pressure groups“, wie es sie anderswo in Europa gebe.

www.studienverlag.at

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen