© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Grüße aus Bozen
Im Sog der Manipulation
Hans Gernheim

Ein Skandal besonderer Tragweite erschüttert gerade das an Skandalen nicht gerade arme Italien: Jahrelang haben sich die Abgeordneten in den Regionalparlamenten mit den üppigen Fraktionsgeldern Luxuskarossen, mondäne Partys und schicke Wohnungen geleistet (JF 43/12), anstatt diese Mittel für die politische Tätigkeit zu verwenden.

In Südtirol ist von dieser Praxis bisher nichts zu sehen. Allerdings werden hier die italienischen Gesetze mit deutscher Gründlichkeit befolgt, daher wurde die Staatsanwaltschaft unlängst beim Landeshauptmann Durnwalder (Südtiroler Volkspartei, SVP) vorstellig, um dessen Rolle in bezug auf einen „Sonderfonds“ zu prüfen, den Durnwalder als Landeshauptmann für politische Zwecke nutzen kann.

Im Gegensatz zu den Millionenbeträgen, die den Fraktionen in Restitalien zustanden, handelt es sich dabei um gerade mal 72.000 Euro. Dennoch wurde das Büro des Landeshauptmanns durchsucht und Akten beschlagnahmt. Obwohl es sich um Kleinigkeiten handelt, war es ein weiterer Schlag für den scheidenden Landeshauptmann, der um sein Lebenswerk fürchten muß: Zum einen wird die Autonomie von der Monti-Regierung beschnitten, die Mittel drastisch gekürzt. Zum anderen gewinnen die oppositionellen patriotischen Kräfte (Freiheitliche, Südtiroler Freiheit) zunehmend an Reputation.

Zu guter Letzt kratzt ein Skandal um die Verwaltung der landeseigenen Energiegesellschaft SEL am Bild des „Machers“ Durnwalder. Haben doch seine engsten Mitarbeiter die Ausschreibungen manipuliert, so daß die SEL sämtliche Stromwerke zugesprochen bekam. Dies könnte man noch mit einem übergeordneten „Landesinteresse“ begründen, was natürlich an der strafbaren Handlung nichts ändert.

Der Landeshauptmann schob die Verantwortung dem zuständigen Landesrat zu, der, ein beinah zu williges Bauernopfer, von allen Ämtern zurücktrat. Daß Durnwalder von all dem nichts gewußt hat, glaubt ihm allerdings die Südtiroler Presse kaum: Zu allgegenwärtig war der patriarchalische erste Mann des Landes, der seit mehr als 20 Jahren die Politik in Südtirol vorgibt.

Nachdem Durnwalder für die SVP jahrzehntelang das Zugpferd war, wird er nun immer mehr zum Problem. Kein gutes Zeichen für die Landtagswahlen, die planmäßig im Herbst 2013 stattfinden sollen.

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