© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Zünglein an der Waage
US-Präsidentschaftswahl: Virgil Goode und die konservative Constitution Party machen mobil
Volker König

Die Republikaner im Bundesstaat Virginia sind nervös. Grund ist ein Ehemaliger aus ihren Reihen: Virgil Goode. Der 66jährige Anwalt aus Richmond, ultrakonservativ und betont christlich, war 24 Jahre Senator, zuerst für die Demokraten, danach bis 2010 für die Republikaner. Im Abgeordnetenhaus erwarb er sich vor allem einen Ruf als Verfechter einer harten Einwanderungspolitik. Dann sein Austritt. Nun tritt Goode für die paläokonservative Constitution Party als Präsidentschaftskandidat in rund 30 Bundesstaaten an. In Virginia werden ihm derzeit bis zu neun Prozent der Stimmen vorhergesagt. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Barack Obama und Mitt Romney um 13 vielleicht entscheidende Wahlmänner könnte er das Zünglein an der Waage spielen.

Beispiele hierfür gibt es genug. Erinnert sei an den Verbraucheranwalt Ralph Nader, der bei den Wahlen im Jahr 2000 Demokratenkandidat Al Gore um seinen Sieg brachte, oder an den Unternehmer Ross Perot, der 1992 als unabhängiger Kandidat die konservative Wählerschaft spaltete und Bill Clinton die Präsidentschaft sicherte sowie im Jahr 1996 mit seiner Reform Party über acht Prozent, heißt acht Millionen Wähler, einfahren konnte, die Republikaner-Kandidat Bob Dole dann im Kampf gegen Clinton fehlten.

Doch Ross Perot hat sich seit langem aus der Politik zurückgezogen, und die Reform Party zählt mit ihrem Ex-Pornodarsteller und Fitneß-Topmodel Andre Barnett zu den eher skurillen Erscheinungen des Präsidentschaftswahlkampfes.

Dagegen ist die Constitution Party im Aufwind und an den Mitgliedern gemessen die drittgrößte Partei der USA. Ihre Hauptthemen sind der Schutz der Familie und des ungeborenen Lebens, die Kritik an der Einwanderung und an außenpolitischen Militärabenteuern der USA.

Ob Goode mit seiner Kandidatur dem Republikaner-Kandidaten Romney schade, ficht ihn nicht an. Er hat dazu seine eigene Logik. Ob beim Thema Einwanderung oder schlanker Staat – für Goode gibt es hier keine Unterschiede zwischen Obama und Romney. Vor allem ist er stolz darauf, mit seinem 50.000-Euro-Etat den millionenschweren Wahlkampfmaschinerien von Obama und Romney Paroli zu bieten. Einsprüche, er schade allein Romney, weist er zurück und erklärt schmunzelnd, der Mann an der Tankstelle seines Ortes habe ihm gesagt: „Virgil, wenn du kandidierst, wähle ich dich und ziehe so eine Stimme bei Obama ab.“

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