© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

Millionen gegen den Einfluß Syriens und Irans
Gaza: Mit seiner 400 Millionen-Dollar-Hilfe verfolgt der Emir von Katar nicht nur humanitäre Ziele
Günther Deschner

Mit großem Gefolge besuchte der Emir von Katar vergangene Woche den Gazastreifen – inklusive 400 Millionen Dollar im Gepäck, für den „Wiederaufbau“ des übervölkerten und unterentwickelten Gebiets, dem „Armenhaus des Nahen Ostens“. Es war der erste Besuch eines Staatschefs im Gazastreifen seit der Machtübernahme der islamistischen Hamas vor fünf Jahren. Emir Hamad bin Khalifa al-Thani hat damit die internationale Isolation der Hamas durchbrochen.

Der Gast überquerte von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah. Live-Bilder des Senders Al-Dschasira, der dem Emir gehört, zeigten demonstrativ, wie Scheich Hamad von der Hamas begeistert empfangen wurde. Die weltweit weitgehend isolierte Hamas-Regierung hatte riesige Plakate mit dem Konterfei des Golfherrschers aufgestellt. Der Text „Danke Katar, du hast das Versprechen erfüllt“ – ein Vorwurf an alle arabischen und sunnitischen Führer, sie hätten die Palästinenser in Gaza vergessen. Gaza-Regierungschef Ismail Haniyeh wertete den Besuch als „historisch“ und unterstrich: „Hiermit erklären wir die politische und wirtschaftliche Blockade des Gazastreifens für gebrochen und besiegt.“

Demonstrativ legte der Gast im 2009 von Israel schwer zerstörten Khan Junis den Grundstein für eine neue Wohnanlage, die nach ihm benannt werden und 500 palästinensische Familien aufnehmen soll.

Doch der diplomatische Coup al-Thanis hat neben der humanitären vor allem eine politische Facette: Analysten wie das israelische Institut für nationale Sicherheitsstudien (INSS) sehen in al-Thanis Besuch, ein Beispiel dafür, wie das Ölgeld des Golfemirats dafür eingesetzt wird, sunnitisch-islamistische Organisationen zu unterstützen und so den eigenen Einfluß in der Region auszubauen.

Die Machtbasis des Scheichs ist der Öl- und Gasreichtum Katars, das über die drittgrößten Gasreserven nach Rußland und Iran verfügt. Der wirtschaftliche Erfolg und – auch internationale – Prestigeprojekte des Emirs haben die Geltung des Kleinstaats rasant wachsen lassen. Doch der Monarch, der 1995 per Putsch gegen den Vater ins Amt kam, setzt das viele Geld geschickter und gezielter ein als viele seiner arabischen Amtsbrüder. Er investierte eine Milliarde in seinen Nachrichtensender Al-Dschasira. Als einer der ersten beförderte er den Aufstand in Libyen. Mit Geld, diplomatisch und gewiß auch mit Waffen führt er die Unterstützung arabischer Staaten für die Rebellen in Syrien an. Mit seiner Visite in Gaza verfolgt er das Ziel, die Hamas dem Einfluß Syriens und des Iran zu entziehen. Schon im Januar hatte Chalid Maschaal, Politbürochef der Hamas, sein Hauptquartier in Damaskus geräumt und es in Katars Hauptstadt Doha verlegt. Sogar die Taliban haben dort ein Büro – alles unter den Augen des Westens und der Versicherung, auch dessen Interessen würden gewahrt.

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