© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

Gold im Krieg der Währungen
Edelmetallhandel: Exakte Preisprognosen sind unseriös / Weniger als drei Prozent der globalen Vermögensanlagen notieren in Gold
Bruno Bandulet

In den vergangenen zehn Jahren hat Gold sämtliche Papierwährungen und alle nennenswerten Finanzanlagen einschließlich des DAX mit großem Abstand geschlagen. In Dollar und Euro gerechnet hat sich der Goldpreis etwa vervierfacht, selbst in harten Schweizer Franken haben sich die Goldnotierungen mehr als verdreifacht. Eine kleine, intelligente Minderheit hat längst das edle Metall als Investment entdeckt – und doch ist Gold immer noch ein weithin unverstandener Markt, aber auch ein Markt, dessen Potential trotz relativ hoher Preise nicht ausgeschöpft ist.

Zunächst einmal muß man sich über die Größenordnungen im klaren sein, Gold ist ein knappes Gut. Pro Jahr werden von den Goldminengesellschaften in aller Welt nicht mehr als etwa 2.800 Tonnen aus der Erde geholt. Dazu kommen rund 1.600 Tonnen Altgold, die das Gesamtangebot vervollständigen. Die Minenförderung steigt seit einigen Jahren, sie wird sich aber in absehbarer Zeit nicht drastisch erhöhen, weil von der Entdeckung eines neuen Vorkommens bis zur Produktionsaufnahme im Schnitt zwanzig Jahre vergehen. Immer noch liegen große Goldprojekte wegen der enorm gestiegenen Abbaukosten auf Eis. Von diesen 4.400 Tonnen im Angebot werden im Jahr – ziemlich konstant – gut zehn Prozent von der Industrie nachgefragt. Knapp 2.000 Tonnen wurden 2011 zu Schmuck verarbeitet, der Rest befriedigte die Nachfrage der Investoren und der Zentralbanken.

Wer sich über die trotz temporärer Schwankungen anhaltend hohen Goldpreise wundert, braucht sich nur die Goldpolitik der Notenbanken etwas genauer anzuschauen. Sie haben ihre Einstellung zum Gold grundlegend geändert. In den neunziger Jahren und auch noch danach haben sie kontinuierlich Gold abgegeben – oft um die 400 Tonnen im Jahr, in der Spitze 2005 sogar 663 Tonnen (jeweils netto). Zusätzlich wurde Gold verliehen, das anschließend vor allem zu Schmuck verarbeitet wurde und auf den Markt kam. Dahinter stand das Motiv, den Goldpreis zu drücken, was nach dem Jahre 2000 (dem Platzen der „New Economy“-Blase) nicht mehr gelang, aber auch die irrige Vorstellung, Gold habe als Zentralbankreserve ausgedient und seine Funktion als Währung, als Geld verloren. Viele glaubten, für immer.

Auch die Manager der Notenbanken folgten dem Herdentrieb. Sie sind nicht klüger als normale Investoren. Sie können die großen Trends an den Währungs- und Kapitalmärkten zwar manipulieren, aber eben nur für einen begrenzten Zeitraum. 2010 wurde erstmals von den Schwellenländern mehr Gold gekauft als von den westlichen Industriestaaten verkauft. 2011 haben die Notenbanken netto 455 Tonnen erworben, 2012 dürfte es ähnlich viel sein.

Zu den üblichen Fehlurteilen über den Goldmarkt zählt auch die Rede vom Überangebot. Das kann schon deswegen nicht stimmen, weil die Preise zwar mit Unterbrechungen, aber doch im Trend ansteigen und weil am Goldmarkt nichts liegenbleibt. Es wird immer soviel gekauft wie verkauft.

Es ist falsch, Gold wie einen normalen Rohstoff zu analysieren, etwa wie Zucker oder Kupfer. Gold ist eben – trotz seiner unverzichtbaren Nutzung in der Industrie – keine gewöhnliche Rohware, sondern vor allem eine alternative Währung. Und diese Rolle kann es nur spielen, weil genug davon über der Erde liegt – jeweils mehr als 30.000 Tonnen in den Tresoren der Notenbanken und in den Händen privater Anleger.

Gold wird seit 3.000 Jahren als Geld genutzt, gefördert wurden bisher angeblich 170.000 Tonnen. Aber das kann niemand genau wissen. Wichtig ist jedenfalls, daß die vorhandene Menge für einen liquiden Markt sorgt, auf dem jederzeit auch größere Positionen problemlos gehandelt werden können. Und dies zu Preisen, die an den Handelszentren Europas, Asiens und Amerikas bis auf minimale Abweichungen identisch sind. Der tägliche Umsatz am Goldmarkt ist vergleichbar mit dem kleinerer Währungen wie der Norwegischen Krone oder des Schweizer Franken.

Noch vor einem Jahr wurde viel über eine Goldblase orakelt. Wo ist die Blase? Die letzte ereignete sich 1979/1980, als sich der Goldpreis nicht nur innerhalb weniger Wochen, sondern auch im Jahresvergleich verdoppelte. Davon sind wir noch weit entfernt. 1980 entfielen auf Gold 14 Prozent der globalen Vermögenswerte, wenn man das damalige Volumen der Aktienmärkte, der Regierungsanleihen und der Goldanlagen addiert. Heute sind es mehr als zwei Prozent, aber weniger als drei Prozent.

Exakte Goldpreisprognosen für einen bestimmten Zeitraum sind unseriös – der Preis hängt von zu vielen Variablen ab, nicht zuletzt von den künftigen Inflationsraten. Tatsache ist, daß Jahr für Jahr weniger neues Gold auf den Markt kommt als neues Papiergeld und daß der Goldpreis bisher recht zuverlässig der Aufblähung der Zentralbankbilanzen folgte. Er reagierte auf das Gelddrucken der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB). Einfache Rechnung: Um den Bargeldumlauf und die Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB, das heißt die monetäre Basis, durch die Goldreserven der Euro-Zone zu decken, müßte der Unzenpreis (31,1 Gramm Gold) nach letztem Stand auf zirka 5.000 Euro klettern. Für die USA mit ihrem inflationären Dollar läge ein solcher Gleichgewichtspreis sogar bei etwa 10.000 Dollar je Feinunze.

Im Krieg der Währungen sind die USA dennoch in der komfortableren Position. Sie besitzen nicht nur – mit weitem Abstand vor der Nummer zwei, nämlich Deutschland – 8.133,5 Tonnen Gold, von denen vermutlich über die Hälfte in Fort Knox liegt und dort von einer kompletten Infanteriedivision bewacht wird. Außerdem halten sie die Hand auf weitere 8.000 Tonnen, die als Eigentum fremder Staaten von der Federal Reserve Bank of New York (einem privaten Institut in Besitz amerikanischer Geschäftsbanken) tief unter dem Pflaster von Manhattan verwahrt werden, darunter ein Großteil der deutschen Goldreserven, die von der Bundesbank mit aktuell 3.395,5 Tonnen angegeben werden (siehe Seite 4). Das sind 41,4 Gramm – immerhin mehr als eine Feinunze – pro Kopf der Bevölkerung.

Bekanntlich liegt der unschätzbare Vorteil von Gold darin, daß es kein Schuldverhältnis und damit keine Forderung darstellt, die honoriert werden kann oder auch nicht. Gold trägt keinerlei Bonitätsrisiko, es ist ein erstrangiges Souveränitätsmerkmal – im Falle Deutschlands eines der letzten verbliebenen.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes „Gold & Money Intelligence“ und Mitglied einer deutsch-französischen Arbeitsgruppe zur Zukunft des Euro.

www.bandulet.de

 

Gold als stabiler Währungsersatz

„Unser Geld ist so unzuverlässig geworden, daß kein Mensch, der seine fünf Sinne beisammen hat, seine Altersvorsorge auf Geldvermögen bauen würde“, warnte schon vor zwei Jahrzehnten der Ökonomieprofessor und langjährige Herausgeber der Wirtschaftswoche, Wolfram Engels. Eine Alternative neben Ackerland, Aktien, Immobilien, Genossenschaftsanteilen oder Firmenbeteiligungen ist die Investition in Rohstoffe. Der Klassiker ist hierbei seit Jahrtausenden physisches Gold. Es wirft zwar keine Zinsen oder Dividende ab, sein Wert ist in Kaufkraft gemessen aber relativ stabil. Gold wird angesichts der Finanz- und Euro-Krise sowie der Geldschwemme der Notenbanken zunehmend als Währungsersatz angesehen. Trotz anhaltender Kursschwankungen ist der Edelmetallpreis im Vergleich zu Dollar, Euro oder Pfund weiter im Aufwärtstrend. Doch nur in physischer Form spielt Gold seine Stärken aus und macht unabhängig vom Emittentenrisiko (Bank, Fonds).

Statistiken über die weltweiten Goldreserven bietet der World Gold Council: www.gold.org

Foto: Vermögenssicherheit durch Gold: Nur in physischer Form spielt das Edelmetall seine Stärken aus und macht unabhängig vom Emittentenrisiko

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