© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

Aufgeschnappt
Entnazifizierung in Schleswig
Matthias Bäkermann

Seit der jüngsten Sitzung des Schleswiger Bau- und Umweltausschusses ist es amtlich: Mit Stimmen von SPD, Grünen und SSW wurde beschlossen, den Hindenburgplatz in Julius-Petersen-Platz umzubenennen (Drucksache VO/2012/142). Angeregt wurde die Umbenennung von der örtlichen Sektion von Amnesty International, die den Stadtrat „auf die zweifelhafte Rolle des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg im Zuge der Machtergreifung der Nazis hingewiesen hat“, wie die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung vergangene Woche klug referiert.

Diese Logik leuchtete den besorgten Lokalpolitikern in der „freundlichen Kultur-Stadt“ ein. So beschlossen sie gegen die Stimmen der CDU und der meisten Anwohner, dem Vorschlag des früheren Schleswiger Bürgermeisters Klaus Nielsky (SPD) zu folgen und den Platz künftig nach dem 1883 unweit der Schlei geborenen Architekten Julius Petersen zu benennen. Blöderweise hat man damit aber eine neue Flanke eröffnet: An Stelle Hindenburgs – bekanntermaßen kein Hitler-Anhänger – ehrt man künftig mit Petersen ein leibhaftiges NSDAP-Mitglied. Als das bekannt wurde, konnte ein schnell konstituierter Arbeitskreis den braunen Parteigenossen zwar noch als minderbelastet entnazifizieren, da er „keine aktive Meinungsmache für das Regime“ betrieben habe. Mit allzuviel Eile geht man der Neubeschilderung aber lieber nicht nach.

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