© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Vor dem Trümmerhaufen eines Geldversprechens
Wirtschaftsliteratur: Der Finanzexperte Bruno Bandulet warnt die Deutschen vor der kommenden dritten Währungsreform
Christian Schwiesselmann

Die Währungen kamen und gingen, Gold bleibt.“ Die Botschaft des Edelmetallexperten Bruno Bandulet ist eindringlich. Sein neues Buch „Vom Goldstandard zum Euro“ erzählt auf knapp 180 Seiten die wechselhafte deutsche Geldgeschichte in jenem historischen Moment, in dem sich die europäischen Eliten verschworen haben, die angeschlagene Einheitswährung um jeden Preis zu verteidigen. Nach der Hyperinflation 1923 und dem endgültigen Ruin der Reichsmark nach dem Zweiten Weltkrieg stünden die Deutschen, so Bandulets Hauptthese, abermals vor dem Trümmerhaufen eines Geldversprechens.

Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen, als das 1871 gegründete Kaiserreich unter Otto von Bismarck die chaotischen Währungsverhältnisse in den 37 souveränen Fürstentümern und vier freien Städten – sieben Währungsgebiete und ein Dutzend Münzsysteme – überwand. Geschickt verwebt der ehemalige Welt-Journalist die Genese der goldgedeckten Reichsmark mit der Unternehmensgeschichte der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt (Degussa), die 1873 als Aktiengesellschaft in Frankfurt am Main gegründet wurde. Sie war bis 1879 damit beschäftigt, die alten Landesmünzen wie Taler, Gulden, Kreuzer usw. einzuschmelzen und die verschiedenen Metalle voneinander zu scheiden – daher Scheideanstalt.

Schließlich bescherte der Goldstandard dem jungen Kaiserreich mehrere Jahrzehnte Frieden, wirtschaftliche Prosperität und währungspolitische Stabilität, die erst durch die Schuldenfinanzierung des Ersten Weltkrieg ein jähes Ende fand. Dagegen ist „dauerhafte, systemimmanente Inflation“ ist für Bandulet „ein Phänomen des 20. und 21. Jahrhunderts“.

Vor allem die Umverteilungsutopien sozialistischer Parteien, die soziale Wohltaten mit ungedeckten Schecks auf die Zukunft finanzierten, sorgten für eine beständige Ausweitung der Geldmenge. Die USA hatten bereits Anfang der Siebziger mit dem Verzicht auf die Goldpreisbindung des Dollars das Währungsabkommen von Bretton Woods gesprengt und finanzierten ihren Hegemonialanspruch fortan über die Notenpresse. Die Europäer ließen bei der Einführung der Gemeinschaftswährung letzte Hoffnungen auf stabiles Geld fahren. Die Art und Weise, wie die Deutschen mit der D-Mark freiwillig das markanteste Symbol ihres wirtschaftlichen Wiederaufstiegs nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Hand gaben, trug nach Bandulet „die typischen Kennzeichen eines Komplotts“.

Bundeskanzler Helmut Kohl ließ sich dabei vom französischen Präsidenten François Mitterrand und seinem Landsmann Jacques Delors an der Spitze der EG-Kommission wider besseres Wissen und eigene nationale Interessen (JF 37/12) übertölpeln: „Maastricht war eben kein idealistischer Aufbruch zu neuen europäischen Ufern, sondern ein kalt kalkuliertes Manöver gegen die monetäre Vorherrschaft der Deutschen Bundesbank“, urteilt der Euro-Kenner, der bereits 2010 in seinem Buch „Die letzten Jahre des Euro“ (JF 35/10) die politische Motivlage der Währungsunion ausgeleuchtet hat.

So wie Helmut Kohl einst von Mitterrand und Delors zur Preisgabe der deutschen „Atombombe“ (die D-Mark aus französischer Sicht) getrieben wurde, läßt sich Angela Merkel nun von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Zentralbankchef Mario Draghi von einem Euro-Rettungsschirm zum nächsten treiben. Bandulet nennt plausible Gründe: die alten deutschen Einkreisungsängste, denen man mit der Flucht nach Brüssel zu entkommen sucht; die Allianz zwischen den politischen Kommandohöhen und westlichen Großbanken, zwischen Weißem Haus und Goldman Sachs, die Anteil daran hat, daß die deutsche Bundeskanzlerin jederzeit telefonisch vom US-Präsidenten Barack Obama – so im Mai 2010 geschehen – zum Vasallendienst gezwungen werden kann.

Dafür, daß die große Ausplünderung des deutschen Sparstrumpfes kommt, gibt es laut dem 70jährigen Finanzexperten einen Garanten: die deutschen Linksparteien. Diese würden in deutschem Souveränitätsverlust und Deutschlands Rolle als europäischer Zahlmeister eine „Pflichtübung der Vergangenheit“ sehen. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft sei die europäische Antwort auf den Holocaust, zitiert Bandulet den Grünen-Politiker Jürgen Trittin aus der mittlerweile eingestellten Woche: „Weil die Alternative zum Euro die D-Mark ist, weil ich gegen ein deutsches Europa bin, plädiere ich dafür, 1998 ja zum Euro zu sagen.“

Da dieser Geschichtsreduktionismus eines grünen Ex-Fundis zumindest in deutschen Parlamenten mehrheitsfähig ist, rechnet Bandulet mit dem Schlimmsten. Als einer der Kritiker und Kläger gegen die Euro-Rettungspolitik in Karlsruhe weiß er, daß von den deutschen Gerichten keine Hilfe kommen kann und die privaten Geldvermögen über kurz oder lang weginflationiert werden.

Er empfieht daher „Vorkehrungen für den Tag des Jüngsten Gerichts“, die vor allen Dingen auf den klugen Ankauf wertbeständiger Edelmetalle hinauslaufen. Für viele Leser dürfte das Modell des „defensiven Investors“ mangels Masse allerdings keine Alternative darstellen. Ihnen bleibt nur die strategische Vermögenssicherung an der Wahlurne.

Bruno Bandulet: Vom Goldstandard zum Euro – Eine deutsche Geldgeschichte. Kopp Verlag, Rottenburg 2012, 176 Seiten, gebunden,
19,95 Euro

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