© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Dreckschleuder
Walser contra Friedman: Der Schriftsteller will sich juristisch gegen Antisemitismus-Vorwürfe wehren
Thorsten Thaler

Martin Walser ist empört, er fühlt sich verunglimpft. Erneut sieht sich der mittlerweile 85jährige Großschriftsteller mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert, gegen die er sich zur Wehr setzen muß. Sein Kontrahent ist dieses Mal der Publizist und Moderator Michel Friedman. In einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger hatte Friedman vorigen Freitag erklärt: „Früher hat der Spießbürger seinen Rassismus und Antisemitismus in verrauchten Hinterzimmern ausgetobt. Mittlerweile macht er das beim Champagner-Empfang oder verfaßt – wie Martin Walser und Günter Grass – Pamphlete in Rede- oder Gedichtform.“ Friedman will sich dabei auf Walsers Friedenspreisrede in der Frankfurter Paulskirche 1998 bezogen haben. Darin hatte Walser eine Instrumentalisierung des Holocaust beklagt. „Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule oder auch nur Pflichtübung.“ Für Friedman habe er damit „antisemitische Klischees bedient“, wie er jetzt in dem Zeitungsinterview sagte.

Das ist natürlich ausgemachter Humbug, und Walser wehrt sich völlig zu Recht gegen diesen Vorwurf. Ob er es allerdings juristisch tun sollte, steht auf einem ganz anderen Blatt. Käme es zu einem Prozeß (was zugegeben nicht sehr wahrscheinlich ist), würde das dem öffentlichkeitssüchtigen Friedman nur unverdient eine weitere Bühne für seine Dreckschleudereien verschaffen.

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