© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Umwelt
Bienentod im Kino
Volker Kempf

Manch Klassiker der Umweltliteratur ist in die Jahre gekommen. Rachel Carsons „Der stumme Frühling“ ist nun ein halbes Jahrhundert alt. Die Botschaft war eindeutig: Weniger Gifte in der Landwirtschaft, sonst vergeht den Vögeln das Singen. Später war das „Waldsterben“ eines der meistgenannten Stichworte. Manche hielten es für typisch deutsche Hysterie, andere für eine klare Aufforderung, Entschwefelungsanlagen zu bauen – wobei die Luft aus dem Ostblock noch schlechter war als die aus dem Westen. Waldzustandsberichte melden Besserung. Im „grünen“ Bereich ist dennoch nicht alles, die Schadquellen haben sich geändert. Dem Thema „Bienensterben“ widmet sich daher der vorige Woche in die Kinos gekommene Film „More than Honey“. Anders als der Titel suggeriert, wird in der Dokumentation deutscher Klartext gesprochen.

Der Schweizer Regisseur Markus Imhoof offeriert spektakuläre Bilder, wenig Moralismus, viel Melancholie – und Fragen über Fragen. Woher kommt das weltweite Bienensterben? Sind es mit Antibiotika vollgepumpte Bienen, die krankheitsanfällig werden? Kehrt der „stumme Frühling“ wieder, weil die Bienen durch pestizidbehandelte Pflanzen nicht mehr summen? Dabei geht es um kein Randthema. Wenn zuwenig Bienen Pflanzen bestäuben, ist in der Landwirtschaft mit enormen Einbußen zu rechnen. Waren es früher Bücher, die Umweltgeschichte schrieben, sind es heute allenfalls Bücher zum Film. Schon Al Gore nutzte das Kino, um mit „Eine unbequeme Wahrheit“ auf Umweltprobleme aufmerksam zu machen. Eine unbequeme Wahrheit ist es allerdings auch, daß mit der einseitigen Fixierung auf den Klimawandel andere wichtige Ökologiethemen ausgeblendet werden. Ein Film wie jener über das Bienensterben war daher überfällig.

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