© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/12 23. November 2012

Deutsche Raketenabwehr in die Türkei?
Ankaras Ambitionen
Thorsten Brückner

Die Türkei und die Nato haben sich auf die Stationierung von Patriot-Abwehrraketen an der Grenze zu Syrien geeinigt. Etwa 200 deutsche Soldaten könnten dafür in die Region entsandt werden. Man ist auf den ersten Blick geneigt, die auch von der Bundesregierung befürwortete Maßnahme mit dem Argument der Bündnistreue gutzuheißen. Auf den zweiten Blick drängt sich jedoch unwillkürlich die Frage nach dem Einsatzziel der Raketen auf. Der Beschuß türkischen Territoriums ist bisher vor allem auf verirrte Granaten zurückzuführen, die das Assad-Regime gegen Rebellen im Grenzgebiet einsetzt.

Die Opposition im Bundestag verweist daher zu Recht darauf, daß das Patriot-System nicht gegen Granaten, sondern ausschließlich gegen Raketen und Kampfflugzeuge eingesetzt werden kann. Die Befürchtung, die Türkei verfolge mit der Stationierung das Ziel der Schaffung einer De-facto-Flugverbotszone über Nordsyrien kann nicht von der Hand gewiesen werden. Die türkische Regierung hat nicht nur genau eine solche Verbotszone wiederholt gefordert. Sie beherbergt auch die gegen Damaskus kämpfenden Rebellen und unterstützt diese logistisch und militärisch. Die Türkei erntet somit die Früchte einer Politik, die im Vollzug gesteigerter regionaler Vormachtambitionen den Sturz Assads betreibt. Deutsche Soldaten sollten nicht ihren Kopf für türkische Hegemonialinteressen hinhalten müssen.

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