© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/12 23. November 2012

Freiheitsindex zeigt sinkendes Vertrauen in die Marktwirtschaft
Ein gestörtes Verhältnis
Klaus Peter Krause

Von der Freiheit schwärmen nur diejenigen, die sie nicht haben. Den Deutschen genügt offenbar, was sie für Freiheit halten. Sie rufen nicht nach einem Mehr an Freiheit, stattdessen schätzen sie Sicherheit und Gleichheit. Folgern läßt sich das aus dem „Freiheitsindex Deutschland“, einer Studie des John-Stuart-Mill-Instituts an der SRH Hochschule Heidelberg. Danach hat die deutsche Bevölkerung zum Wert der Freiheit ein offenbar gestörtes Verhältnis. Über die Hälfte wünscht sich neue Verbote – von Gewaltfilmen über rechtsradikale Parteien bis hin zu ungesunden Lebensmitteln.

Aber noch gestörter ist das Verhältnis der Deutschen zur Marktwirtschaft. Das Vertrauen in die Wirtschaftsordnung ist gegenüber 2011 sogar deutlich zurückgegangen. Der allgemeine Freiheitsdrang war noch nie sonderlich ausgeprägt, doch „die Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft“ habe „eine ganz neue Dimension erreicht“, konstatiert das Mill-Institut. Erstmals glaubt auch in Westdeutschland eine knappe relative Mehrheit von 43 Prozent, Marktwirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit. 2003 waren es nur 32 Prozent. Nur noch 38 Prozent sind jetzt der Meinung, „Marktwirtschaft macht soziale Gerechtigkeit erst möglich“. Immer mehr, so scheint es, gehe die Überzeugung verloren, daß diese Wirtschaftsform die Grundlage für Freiheit und Wohlstand sei. Stattdessen nähmen die antikapitalistischen Ressentiments zu.

Die Erklärung dafür liegt ziemlich sicher darin, daß die Bevölkerung etwas als „Marktwirtschaft“ wahrnimmt, was gar keine mehr ist. Ein Beispiel dafür sind die staatlichen Interventionen im Strommarkt. Hier herrschen Kaufzwang, Preisdiktat und Subventionierung von Wind- oder Solarstromanbietern als Folge der absurden Klimaschutzpolitik und Angela Merkels ruinöser „Energiewende“. Das ist staatliche Zwangs-, aber keine Marktwirtschaft.

Ein anderes Beispiel ist das staatlich monopolisierte Geldsystem mit Zentralbank und der unbegrenzten Möglichkeit zur Geldmengenausweitung über das realwirtschaftliche Wachstum hinaus. Die Folge sind hochspekulative „Finanzprodukte“ außerhalb der Realwirtschaft, eine Überschuldungskrise von Banken und Staaten sowie eine marktwidrig-unsoziale Niedrigzinspolitik.

Unter Mißachtung des Haftungsprinzips gibt es rechtswidrige Rettungsmanöver zu Lasten von Steuerzahlern, Sparern und anderen privaten Gläubigern. Die Inflationierung ruiniert Geldwerte und Währungen – auch hier agiert staatliche Zwangswirtschaft, nicht freie Marktwirtschaft.

Viele weitere staatliche Eingriffe ließen sich aufzählen – der alarmierende Befund lautet: Deutschland heute hat keine Marktwirtschaft mehr, schon gar nicht die Soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards. Marktwirtschaft herrscht nur, wenn auch genug Freiheit herrscht.

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