© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/12 23. November 2012

Störe in der Oder, Lachse im Rhein
Gewässerschutz: Umwelttechnik hilft der Natur / Aussichtsreiche Wiederansiedlungsprogramme
Volker Kempf

Mit der Industrialisierung Europas wurden auch deutsche Flüsse verunreinigt und Tierarten dezimiert. So starben schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in der Oder der Maifisch und das Neunauge aus. Der letzte europäische Stör (Acipenser sturio) wurde in der Oder in den sechziger Jahren gefangen. Die Gier nach Kaviar war dafür ursächlich, aber auch die dramatisch abnehmende Wasserqualität in der DDR und der Volksrepublik Polen. Produziert wurde im Realsozialismus mit maroden Anlagen zu Lasten der Umwelt.

Schaumige und bunte Flüsse wurden zum Sinnbild dafür. Nach der Wende wurde der Weg der Vernunft eingeschlagen, marode Produktionsanlagen wurden aufgegeben und Umweltschutztechniken aus dem Westen wurden flächendeckend eingesetzt. Die Wasserqualität in der Oder verbesserte sich. Das war die Voraussetzung für Wiederansied-lungsmaßnahmen des Störs. Junge Störe von 15 Zentimetern Länge wurden in der Oder ausgesetzt. Diese verbringen die ersten zwei Jahre ihres Lebens im Fluß oder im Stettiner Haff, um 10 bis 14 Jahre später mit der erreichten Geschlechtsreife zum Laichen zurückzukehren. 150 Jahre alt, vier Meter lang und 300 Kilogramm schwer kann ein Stör werden. Momentan bekommen Angler allerdings lediglich Exemplare bis zu 40 Zentimeter an die Angel und setzen die Tiere dann wieder aus.

Auch in Polen werden junge Störe ausgesetzt. Besonders engagiert ist die Rostocker Gesellschaft zur Rettung des Störs. Vergleichbare Projekte gibt es auch für die Elbe. Hier mußten jedoch erst extragroße Fischtreppen gebaut werden, da Wehre und Schleusen den Weg zu den Laichplätzen versperren. Die Maßnahmen sollen auch anderen Tierarten zugute kommen, die weniger populär sind als der dunkle Knochenfisch mit dem markanten länglichen Maul.

Im Westen Deutschlands forderte die Industrialisierung ebenfalls Opfer. Der Rhein war noch in den siebziger Jahren ein ökologischer Problemfall. Doch zeitgleich wuchs das Engagement für die Wasserreinhaltung. Umweltgruppen konnten nicht wie in der DDR unterdrückt und Gewässerprobleme nicht so einfach vertuscht werden.

Neueste Erfolgsmeldungen gibt es für die Lachse, die in Rheinfelden bei Basel gesichtet wurden. Doch noch enthält jeder dritte Fisch aus dem Rhein, der in Rheinland-Pfalz gefangen wird, mehr Gifte als für den Verzehr zugelassen. Über 200 Gramm Rheinfisch pro Monat zu Essen wird nicht empfohlen. Der Erhalt der Ressource Wasser bleibt daher eine der bedeutendsten Aufgaben für die Zukunftssicherung.

Gesellschaft zur Rettung des Störs: www.sturgeon.de

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