© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/12 30. November 2012

Von der Normalität der Krise: „Scheitern als Chance“ im Euro-Rettungszeitalter
Angst gehört zum Leben
(dg)

Nach psychologischer Definition ist Krise ein Zustand „außergewöhnlicher Belastung“, der Lebens-, Sinn- und Handlungsentwürfe des Menschen in Frage stellt. Folgen dieses Ausnahmezustandes sind Angst, Streß und Ohnmachtsgefühle, die sich zu der Grundstimmung verdichten, das Leben nicht mehr meistern zu können. Aber im Zeitalter der Globalisierung, die stabile soziale Normalitätsmuster auflöst und auf die „fluide Gesellschaft“ zusteuert, ist Angst ein verbreitetes Grundgefühl, so daß Soziologen heute die Normalität von Krisen postulieren. Auch die Pädagogin Regina Lamparter (Uni Koblenz-Landau) will der Bedeutungs- und Anwendungsexpansion des heute omnipräsenten Krisenbegriffs dadurch begegnen, daß sie die „Notwendigkeit der Krise“ vermittelt und das „Scheitern als Chance“ offeriert (Pädagogische Rundschau, 4/2012). Gestützt auf Helmuth Plessner (1892–1985), neben Arnold Gehlen bedeutendster Exponent der Philosophischen Anthropologie, stellt Lamparter die Krisenanfälligkeit des Lebens als Determinante menschlicher Existenz heraus. Die Krise sei weder Zufall noch Unfall, sondern gehöre notwendig zum Menschsein. Sie biete als Herausforderung die Möglichkeit, sich kreativ zu bewähren, zu reifen und ein neues Lebensverständnis zu gewinnen. Vorausgesetzt, die Bewältigung der Krise gelinge und der Mensch zerbreche nicht an ihr.

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