© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/12 07. Dezmber 2012

Haltungsnote
Einem tragischen Irrtum fernbleiben
Christian Rudolf

Ein Jahr nach dem Tod des legendären tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel hat der Prager Flughafen dessen Namen erhalten. Aber nicht der Pointe wegen, daß Havel an Flugangst litt, wollen wir unser Augenmerk auf die wunderschöne Hauptstadt unseres kleinen, stets etwas eigensinnigen Nachbarvolkes richten: Havels Nachfolger im Amt, Staatspräsident Václav Klaus, macht uns als so scharfer wie kluger Kritiker von EUdSSR und Klimawandel-Gedöns wieder einmal recht viel Freude.

Im Juli erst schockte er die „liberale Öffentlichkeit“ des Westens mit seinem Aufruf zur „kreativen Destruktion“ der Union. Europa solle schleunigst „einige Sachen loswerden, sie vergessen und ganz anders machen“. Für das Lieblingskind der europäischen Eliten, den Euro, hat er nur den Nichtwürdigungsbegriff „Krise“ übrig. In seinem Buch, dessen Titel „Europa“ mit einem beziehungsreichen Fragezeichen versehen war, bewies er, daß er die Lektion von 1989 behalten hatte: Die Europäer hätten vergessen, daß alle bekannten Beispiele des Totalitarismus in der Geschichte in Strukturen größer als Staaten, also in Imperien oder Reichen entstanden seien. Fraglos stellt er sich damit außerhalb des „zivilgesellschaftlichen Konsenses“. Aber was kümmert’s die Eiche, wenn die Sau sich an ihr reibt? Und sie den Wald hinter sich weiß?

„Der Kaiser hat ja nichts an!“ stichelt der Prager Burgherr nun wieder gegen den Brüsseler Koloß: Weder Klaus noch der tschechische Ministerpräsident Petr Necas werden zur Übergabezeremonie des Friedensnobelpreises an die EU am Montag nach Oslo reisen. Konsequent, hatte Klaus doch die Entscheidung des Nobel-Komitees einen „tragischen Irrtum“ genannt; ein „Scherz“ sei das, eine „leere Ehrung“ dazu, den Preis an eine „Institution, überdies eine bürokratische“ zu vergeben. Wir wollen ihm gerne beipflichten und fahren auch nicht.

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