© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Meldungen

Sterbehelfer: Sonderbare Menschenfreunde

BERLIN. Toleranz gegenüber suizidalen „Aussteigern“ und „irdischen Nestflüchtern“ hat der Pastor Carl Vogl 1923 in seiner heute vergessenen „Philosophie des Freitodes“ zum Kulturmaßstab erhoben. Der religiöse Sozialist Vogl ist daher für den Gießener Anglisten und Publizisten Ulrich Horstmann der geeignete Kronzeuge, um gegen Sterbehelfer, die „Advokaten des selbstbestimmten Todes“ zu Felde, zu ziehen (Sinn und Form, 5/2012). Diese „neue Spezies von Menschenfreunden“ meine es mit unheilbar Kranken oder Lebensmüden kaum besser als christliche Theologen, die Selbstmord für Sünde erklären, oder Psychiater, die Suizidgefährdete pathologisieren. Denn ihre oft öffentlich inszenierte „Erlöserrolle“ sei nur die Schokoladenseite ihrer Selbsterniedrigung zum Schergen des Kranken, der sie zum „Vollstrecker“ seines Todes ermächtige. Anstelle des von Theologen und Psychiatern überwachten Selbsttötungsverbots trete damit das „Selbstentsorgungsgebot“. Und die Gesellschaft, die ihre Alten und Kranken derart „euthanasiert“, rühme sich sogar noch ihrer „Fortschrittlichkeit und ethischen Problemlösungskompetenz“. (dg)

www.sinn-und-form.de

 

Auerbachs „Wutbürger“ im dörflichen Gewand

STUTTGART. Moses Baruch Auerbacher, der nach mißglücktem Rabbinerexamen zur Journalistik wechselte und sich Berthold Auerbach (1812–1882) nannte, wurde 1843 mit „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ weltberühmt. Bis heute behaupten sie ihren literaturhistorischen Rang als Pionierwerk der zwischen 1850 und 1960 üppig blühenden „Heimatkunst“. Auerbachs Prosa wird eine idyllisierende und sozialkonservative Tendenz bescheinigt. Der Konstanzer Germanist Marcus Twellmann meint indes, in den materielle Nöte der Landbevölkerung nicht aussparenden Schilderungen Auerbachs die Wurzeln schwäbischen „Wutbürgertums“ aufgraben zu können. Tatsächlich geriet der Literat früh mit der Obrigkeit in Konflikt, wurde als Student wegen politischer Umtriebe relegiert und verbüßte Festungshaft auf dem Hohenasperg. Und diesen liberalen Präferenzen habe er als Autor nicht entsagt. Folglich seien in seinen Dorfidyllen „Leitvorstellungen des südwestdeutschen Sozialliberalismus“ und dessen „Widerstands-praktiken“ zu entdecken. Auerbach selbst habe seine Arbeiten „für das Volk“ konsequent als „operative Literatur“ definiert, die „zum Thun hinführen“ solle (Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 4/2012). (wm)

www.uni-konstanz.de

 

Literaturgesellschaft: Carl Schmitt unerwünscht

BERLIN. Die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten (ALG) hat sich gegen eine Aufnahme der Carl-Schmitt-Gesellschaft entschieden. Wie erst jetzt bekannt wurde, lehnte die Mitgliederversammlung der ALG bereits im September einen entsprechenden Antrag der Carl-Schmitt-Gesellschaft ab. Als Grund nannte die ALG gegenüber der JUNGEN FREIHEIT die „unrühmliche Rolle“ des Staatsrechtlers Schmitt in der NS-Zeit. Dem mit Bundesgeldern und vom Land Berlin geförderten Dachverband ALG gehören derzeit 222 Literaturgesellschaften und Literaturmuseen an. Die Carl-Schmitt-Gesellschaft mit Sitz in Plettenberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, das „Andenken an Carl Schmitt im Sinne einer historisch-kritischen Begleitung“ zu pflegen. (krk)

www.carl-schmitt.de

 

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