© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Frisch gepresst

Gruppe 47. Hätte Arnulf Baring die Tagebücher seines Freundes Hans Werner Richter (1908–1993) nicht aus den Tiefen seiner Bibliothek ans Licht befördert, sie wären vielleicht als Altpapier in „blauen Säcken“ gelandet. Statt dessen vertiefen jetzt die kundig edierten Notate, die der Gründer des seit den 1950ern den westdeutschen Kulturbetrieb prägenden Schriftsteller-Netzwerkes „Gruppe 47“ hinterließ, unsere Kenntnis von der Achsenzeit der Bonner Republik. Richters Tratsch nicht abgeneigten Schilderungen seiner emsig am „Bewußtseinswandel“ wie am „Politikwechsel“ hin zur sozialliberalen Koalition von 1969 arbeitenden Kollegen um Günter Grass sind in den letzten Wochen enthusiastisch besprochen worden. Auffällig ist jedoch, wie die Rezensenten den Hauptertrag dieser Innenansichten aus linksliberalem Intellektuellenmilieu aus Selbstschutz nicht ohne Grund unterschlugen. Und der besteht fraglos in der Enthüllung des erbarmungswürdig dürftigen Niveaus jener politischen Philosophie, die seit 1968 den BRD-Zeitgeist formatiert. Dieser Kaiser, so lehren Richters Aufzeichnungen, war von Anfang an nackt. (ob)

Dominik Geppert u.a. (Hrsg.): Hans Werner Richter. Mittendrin. Die Tagebücher 1966–1972. Verlag C. H. Beck, München 2012, gebunden, 383 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

 

Bernstein. Ob schon griechischen Seefahrern der Vorstoß an Nord- und Ostsee gelang, war eine Streitfrage unter Historikern des 19. Jahrhunderts. Verbunden waren damit Fragen nach der Intensität des Handels und des kulturellen Austausches 1.000 Jahre vor Christi Geburt. Gerade in jüngster Zeit konnten Archäologen, auch dank der Hilfe von Laienforschern, durch spektakuläre Entdeckungen in Vorpommern, Sachsen-Anhalt („Himmelsscheibe von Nebra“) und in Bayern den Antworten auf diese Fragen näherkommen. Die Journalisten Gisela Graichen und Alexander Hesse haben mit Hilfe von Ägyptologen, Prähistorikern, Archäologen und Chemikern im Sammelband zusammengefaßt, welche Handelswege sich zwischen Ostsee und Nil mittlerweile rekonstruieren lassen. Im Mittelpunkt stehen dabei die an der Küste Ostpreußens gewonnenen „Tränen der Götter“, der mit Gold aufgewogene Bernstein, dessen Spuren im „florierenden Welthandel der Bronzezeit“ bis in die Gräber von Pharaonen zu verfolgen sind. (dg)

Dominik Geppert u.a. (Hrsg.): Hans Werner Richter. Mittendrin. Die Tagebücher 1966–1972. Verlag C. H. Beck, München 2012, gebunden, 383 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

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