© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Aufgeschnappt
Prinzipien im Milieuschutzgebiet
Matthias Bäkermann

Gentrifizierung. Diese sozioökonomische Entwicklung ist für manche zum Schreckgespenst geworden – insbesondere in Berlin, wo wohlhabende Zuzügler in aufgehübschte Stadtteile wie Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder Kreuzberg drängen.

Aber es gibt auch Nutznießer dieses Prozesses. Einer ist zum Beispiel Jens-Holger Kirchner. Der grüne Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Stadtentwicklung hat als ehemaliger Hausbesetzer den Aufstieg seines Kiezes vom Abbruch- übers Szene- zum Stuckdeckenbürgertumviertel begleitet und für reichlich Alleebäumchen und saniertes Kopfsteinpflaster gesorgt. Nun soll aber Schluß sein mit dem Zuzug der Besserverdiener, findet Kirchner und hat für 2013 im Bezirksamt ein ganzes Maßnahmenpaket durchgedrückt, das weitere Sanierungen im künftigen „Milieuschutzgebiet“ Prenzlauer Berg verhindern soll. Grundrißänderungen, Kamin- oder Badeinbauten müssen künftig Kirchners Schreibtisch passieren – wo sie dann wohl den „Abgelehnt“-Stempel empfangen werden. Das, was die Prenzlauer Berg Nachrichten als „Luxusverbot“ bezeichnen, soll sogar die als Klimaschutzmaßnahme propagierte Fassadendämmung einschließen. Laut dem Grünen-Politiker reichten im konkreten Falle neue Fenster und Dach­isolierung aus, um die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Mindeststandards zur Energiesparung zu gewährleisten.

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