© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/13 / 11. Januar 2013

Vom breiten Strom zum Rinnsal
Parteienfinanzierung: Ausgerechnet zum Bundestagswahljahr gehen die Großspenden aus der Wirtschaft erneut zurück
Christian Schreiber

Schlechte Zeiten für die deutschen Parteien. Nicht nur die Mitgliederzahlen waren im vergangenen Jahr erneut rückläufig, auch die Zahl der Großspenden ging erneut zurück. Die Wirtschaft hat ihre finanzielle Unterstützung nach Recherchen der Frankfurter Rundschau (FR) weiter zurückgefahren. Das Blatt beruft sich auf Informationen des Bundestagspräsidiums. Danach erhielten die Parteien rund ein Drittel weniger Großspenden als noch ein Jahr zuvor. So kamen die Parteien 2012 in den Genuß von insgesamt 1,3 Millionen Euro an Großspenden. 2011 waren es noch 2,03 Millionen Euro gewesen.

Nach dem Parteiengesetz gelten Überweisungen von mehr als 50.000 Euro als Großspenden und müssen unverzüglich veröffentlicht werden. Unter den Gönnern fanden sich wie im Vorjahr fast ausschließlich große Firmen, beispielsweise BMW und Daimler aus der Autobranche, und Verbände, wie der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, der allerdings nur an Union und FDP spendete. Mit einem eher wirtschaftsfreundlichen Parteiprogramm sind eben in der Regel mehr Großspenden von Unternehmen zu erwarten.

Die Grünen und die Linke sind in diesem Jahr leer ausgegangen. Genauen Aufschluß darüber, wie hoch die Zuwendungen von Privatleuten und Firmen für die Parteien waren, geben erst die Rechenschaftsberichte der Parteien. Sie werden aber stets mit mehr als einjähriger Verspätung veröffentlicht. Dort müssen alle Zuwendungen von mehr als 10.000 Euro aufgelistet werden. Der Kovorsitzender der Linkspartei, Bernd Riexinger, wirft Unternehmen vor, den Parteien verdeckt Spendengelder zuzuführen. „Der gemessene Rückgang ist auch das Ergebnis erfolgreicher Verschleierung. Ein Großteil der Spenden läuft inzwischen verdeckt als Sponsoring“, sagte Riexinger dem Handelsblatt.

Größter Profiteur der Zuwendungen war die CSU. Sie erhielt laut Frankfurter Rundschau insgesamt 460.000 Euro. Mit jeweils rund 260.000 Euro Großspenden liegen CDU und SPD fast gleichauf. Die FDP kam immerhin auf 205.000 Euro. Bei der linksextremistischen Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands gingen stolze 115.000 Euro von einem Ehepaar aus Wilhelmshaven ein.

Daß es im abgelaufenen Jahr einen neuerlichen Rückgang beim Spendenaufkommen gab, ist keine Überraschung. Erfahrungsgemäß sinkt die Spendenbereitschaft vor einem Superwahljahr. Experten vermuten aber auch andere Gründe, warum sich die Unternehmen bedeckter halten. 2009 kam die FDP in den Genuß äußerst großzügiger Spenden der Hotelgruppe Mövenpick. Diese hatte insgesamt rund 1,1 Millionen an die Partei gespendet, die wenig später daran beteiligt war, eine Steuersenkung für Hotels durchzusetzen. Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold plädiert daher für strengere Regeln und verlangt eine Begrenzung der Wahlkampfmittel nach französischem Vorbild. „Die Parteien verlassen sich dann mehr auf ihre Mitglieder als auf Spenden der Industrie“, sagte Giegold der FR.

Um Negativschlagzeilen zu vermeiden, bedienen sich Unternehmen immer häufiger einer einfachen, aber laut dem Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer gängigen Praxis: Sie überweisen kleinere Beträge, die – wenn überhaupt – erst lange nach dem Spendenzeitpunkt für die Öffentlichkeit dokumentiert werden. Gegenüber der Deutschen Welle gibt Niedermayer außerdem zu bedenken, daß die Unternehmenszuwendungen nur rund sechs Prozent der Einnahmen ausmachen würden. Den staatlichen Zuwendungen sei Dank.

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