© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/13 / 11. Januar 2013

„Mein Kampf“ historisch-kritisch ediert: Hitler im klassischen Ambiente
Eigentümliche Rationalität
(rt)

Ende 2015 laufen die beim bayerischen Finanzministerium liegenden Urheberrechte für Adolf Hitlers autobiographische Programmschrift „Mein Kampf“ aus. Ab 2016 kann das heute nur im Ausland, im Internet und im Antiquariatshandel verfügbare Werk dann auch in Deutschland ungehindert nachgedruckt und verkauft werden. Um „die Aura zu zerschlagen“, die das 90 Jahre alte Buch angeblich weiter umgebe, plant das Institut für Zeitgeschichte (IfZ), was sonst literarischen und philosophischen Klassikern vorbehalten ist: eine „historisch-kritische Edition“. Sie soll, wie IfZ-Direktor Andreas Wirsching das teure Unternehmen rechtfertigt (Leibniz-Journal, 3/2012), helfen, die Quellen der Ideologie des „Viellesers“ Hitler aufzuspüren, um den Text zu „entmystifizieren“. Da Wirsching offenbar ernsthaft weiter von der mythischen Präsenz des einstigen Führers und Reichskanzlers sowie von der ungebrochenen auratischen Ausstrahlung seiner Ideenwelt auszugehen scheint, ist es nur konsequent, wenn er „Mein Kampf“ nicht „unterschätzt“ wissen will. Es handle sich keineswegs um ein, wie Hitlers Gegner früh behaupteten, „ungenießbares“ Konglomerat wirrer Ideologeme, sondern könne kraft seiner „eigentümlichen Rationalität“ durchaus eine für „rassistische, antisemitische und sozialdarwinistische“ Ansichten anfällige Leserschaft beeindrucken.

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