© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Katholische Bischöfe entlassen Gutachter
Viel zu spät
Gernot Facius

Worüber man vorher spricht, darüber braucht man sich nachher nicht zu streiten. Eine alte Weisheit, aber die katholischen Bischöfe haben sie ignoriert. Welche Teufel haben sie geritten, den für seine medialen Schnellschüsse und Zuspitzungen bekannten Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer mit dem Forschungsauftrag „Sexueller Mißbrauch durch Priester“ zu betrauen, ohne hinreichend Klarheit über die Untersuchungsmethode zu schaffen? Ausgerechnet Pfeiffer!

Im spektakulären Fall eines im Jahr 2000 ertrunkenen Sebnitzer Jungen hatte ein fragwürdiges Gutachten des Professors die – falsche – These vom Neonazi-Mord gestützt. Die Bischöfe sahen darüber hinweg. Ihr Frühwarnsystem hat versagt. Erst nachdem Zweifel an Pfeiffer wegen des Umgangs mit personenbezogenen Daten übermächtig geworden waren, zogen sie die Reißleine. Zu spät.

Mit ihrer aus der Defensive heraus kommunizierten Vertragskündigung lieferten sie all denen, die mit dem Vorwurf der Vertuschung sexueller Verfehlungen schnell bei der Hand sind und antikirchliche Ressentiments schüren, eine Steilvorlage. Doch selbst Kollegen des Professors hielten Pfeiffer forschungsethische Mängel vor. Das wurde freilich von den Medien, die sich gern als Gralshüter des Datenschutzes gerieren, negiert.

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