© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Auf nach Mali!
Marcus Schmidt

Nicht wenige politische Beobachter im winterlichen Berlin rieben sich Anfang der Woche verwundert die Augen. Das militärische Eingreifen der früheren Kolonialmacht Frankreich im westafrikanischen Wüstenstaat Mali (Kommentar Seite 2, Bericht Seite 9) hat eine Diskussion über eine mögliche militärische Unterstützung durch die Bundeswehr ausgelöst – mit einem Frontverlauf, der auf den ersten Blick überrascht.

„Frankreich hat zu Recht auf Bitten der malischen Regierung und mit Zustimmung des Sicherheitsrates eingegriffen und einen weiteren Vorstoß der Islamisten in den Süden gestoppt“, zitierte etwa Spiegel Online am Montag Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin mit ungewohnt kriegerischen Tönen. Am Wochenende hatte bereits der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold die Bundesregierung in der Frankfurter Rundschau aufgefordert, Frankreich zu unterstützen. „Mit fundamentalistischen Islamisten läßt sich schwer verhandeln“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Deshalb sei es von Paris richtig gewesen, den Vormarsch der Islamisten auf die Hauptstadt Bamako zu stoppen. In Mali drohe andernfalls ein neuer Rückzugsraum für gewaltbereite Islamisten vor der europäischen Haustür. Er schlug vor, mit Bundeswehr-Transportflugzeugen vom Typ Transall den baldigen Einsatz einer Eingreiftruppe der Afrikanischen Union im Auftrag der Vereinten Nationen zu unterstützen. Ebenso sei es sinnvoll, wenn deutsche Soldaten als Ausbilder im Süden Malis helfen würden, die malische Armee in einen besseren Zustand zu versetzen, zitierte das Blatt den SPD-Politiker. Ein Einsatz deutscher Kampftruppen sei dagegen gegenwärtig nicht nötig.

Auch der Verteidigungsexperte der Grünen, Omid Nouripour, lobte das militärische Eingreifen Frankreichs. Mali brauche schnelle Hilfe, deshalb habe Paris richtig gehandelt. Die Bundesregierung rief er auf, „das unerträgliche Herumgeeiere endlich zu beenden“.

Deutlich zurückhaltender äußerten sich Vertreter der Bundesregierung, allen voran Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Mit Blick auf eine mögliche logistische Unterstützung Frankreichs durch die Bundeswehr sagte er am Montag im Deutschlandfunk: „Frankreich hat entsprechende Kräfte vor Ort, wir nicht. Es wäre also etwas aufwendig. Gleichwohl würden wir solche Angebote, Anfragen auf logistische Unterstützung prüfen.“ Allerdings würde das komplizierte politische, rechtliche und technische Fragen aufwerfen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich bereits am Sonntag ebenfalls zurückhaltend geäußert. Es sei richtig, daß Frankreich dem Hilfsersuchen der malischen Regierung gefolgt sei. Ein Einsatz deutscher Kampftruppen stehe jedoch nicht zur Debatte. Die Bundesregierung prüfe allerdings, wie Frankreich jenseits militärischer Kampfhandlungen unterstützt werden kann.

In Berlin wird nun mit Spannung beobachtet, wie lange die Beteuerung der Bundesregierung hält, sich in Mali nicht mit Kampftruppen zu engagieren. Denn eins ist sicher: Der Druck wächst.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen